Schuhebinden mit einer Weltmeisterin

Rehlingen. Und plötzlich geht die Weltmeisterin in die Knie. Die Frau, die seit 2002 bei jeder Großveranstaltung eine Medaille gewann, die Europameisterin war, bei Olympia Silber gewann, beugt sich nach vorne und ruft einen kleinen Jungen zu sich: "Komm mal her." Und dann bindet sie ihm die Schuhe

 Speerwurf-Weltmeisterin Nerius beim Kindertraining. Foto: rup

Speerwurf-Weltmeisterin Nerius beim Kindertraining. Foto: rup

Rehlingen. Und plötzlich geht die Weltmeisterin in die Knie. Die Frau, die seit 2002 bei jeder Großveranstaltung eine Medaille gewann, die Europameisterin war, bei Olympia Silber gewann, beugt sich nach vorne und ruft einen kleinen Jungen zu sich: "Komm mal her." Und dann bindet sie ihm die Schuhe. Seit knapp einer Stunde ist Speerwerferin Steffi Nerius (38) im Rehlinger Bungert-Stadion, im Rahmen der Aktion "Kinder trainieren mit Stars" - und seit einer Stunde ist sie von Kindern umgeben.

Einen Tag vor dem großen Pfingstsportfest in Rehlingen am vergangenen Wochenende waren die Kleinen dran. Training mit denen, die einen Tag später bejubelt werden, mit denen, die sie sonst nur aus dem Fernsehen kennen. Und diesmal ist die große Dame des Speerwurfs, Steffi Nerius, dabei. Wobei groß dabei trotz 1,78 Metern relativ ist, denn als Kind war sie als zu klein zum Volleyball-Spielen bewertet worden und ist so erst zum Speerwurf gekommen. Und das war gut so. "Die Jugend-Arbeit ist der Grundpfeiler unseres Vereins. Und deshalb haben wir den Kindern dieses Jahr Steffi Nerius gegönnt, um ihnen etwas zum mitmachen zu bieten", sagte Meeting-Direktor Ludwin Klein vom LC Rehlingen.

Knapp 100 Kinder sind es, die hier unter Anleitung der alten und kommenden Stars wie Jana Goldfuß (deutsche Meisterin über 800 Meter) und eben Nerius trainieren können. Sandra Becker (8) aus Siersburg hat sichtlich Spaß und trägt neben dem Schaumstoff-Speer ein breites Lächeln vor sich her: "Das ist schön, mit ihr zu trainieren. Sie kann uns so viel zeigen." Trotz der knappen Zeit. Luca Caramazza (15) vom LC Rehlingen kommt zwar aus den Sprung- und Sprintdisziplinen, ist aber nicht weniger beeindruckt: "Das ist auf jeden Fall sehr spannend, mit einer Weltmeisterin zu trainieren."

Und es scheint auch der Weltmeisterin selbst Spaß zu machen. Geduldig erklärt sie den Kindern und Jugendlichen, wie der Speer zu halten und zu werfen ist. Da werden Armbewegungen verbessert, Schrittfolgen vorgemacht und wenn es Not tut, wird dann eben auch ein Schuh gebunden. "Mir macht das unheimlich Spaß. Ich arbeite aber auch gern mit Kindern, vor allem, wenn dann tatsächlich Talente dabei sind, wie hier", sagt sie. Letztes Jahr hat sie ihre Karriere als Weltmeisterin beendet. Und von dem berühmten Loch, in das Sportler nach dem Karriere-Ende angeblich fallen, spürt sie nichts: "Mich juckt es überhaupt nicht. Wenn ich überhaupt mal einen Speer anfasse, dann nur, wenn ich meiner Trainingsgruppe beim Aufräumen helfe." Ihr Rezept für die Zeit danach war schlichtweg Arbeit. Sie betreut in Leverkusen eine Gruppe aus Sportlern mit Behinderung: "Das mache ich schon lange. Ich haben schon während meiner Karriere darauf geachtet, mir ein zweites Standbein aufzubauen und studiert." jbö

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