Schluss nach 5119 Tagen

Bremen · Der dienstälteste Trainer der Bundesliga geht. Wenige Tage nach seinem 14-jährigen Dienstjubiläum muss Thomas Schaaf beim SV Werder Bremen aufhören. Nicht nur die Mannschaft war überrascht.

Was bleibt? Immerhin ein ideales Refugium zum geordneten Rückzug. Schon seit seiner Zeit als Spieler bewohnt Thomas Schaaf mit seiner Frau Astrid jenen gepflegten Bungalow in Brinkum, der von hohen Hecken umgeben ist. Gleich dahinter liegen Wiesen und Weiden, zwischen denen der Familienvater gern auf dem Rennrad fährt. Und natürlich, sein bester Freund und Nachbar Bernd Pfeifer, hat immer ein offenes Ohr für jenen Mann gehabt, der seit gestern Morgen kein Bundesliga-Trainer mehr ist.

Um 10.05 Uhr verschickte der SV Werder jene Pressemitteilung, die die Trennung von einem verkündete, der seit 1972 dem Verein angehört. Es ist nicht lange her, da konnte seine Standfestigkeit in diesem Club mit der des Rolands vor dem Marktplatz gleichgesetzt werden. Erstliga-Coach seit fast genau 14 Jahren oder exakt 5119 Tagen - das hat noch nie jemand in 50 Jahren Bundesliga geschafft. Auch nicht Otto Rehhagel, der zwar ein Jahr länger als Schaaf in Bremen war (vom 2. April 1981 bis zum 30. Juni 1995), aber zu Anfang Werder in Liga zwei trainierte.

Warum stürzt solch ein Denkmal wie Schaaf? "Wir haben unsere sportliche Entwicklung analysiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir einen Neuanfang wagen wollen", teilte Geschäftsführer Thomas Eichin auf der Pressekonferenz mit. "Es war eine harte Entscheidung, aber es ist das Beste für Werder."

In dem fensterlosen Mediensaal unter der Ostkurve des Weserstadions saß der 52-jährige Schaaf schon nicht mehr. Indiz, dass es doch zur eher unschönen Scheidung kam, so oft auch Eichin betonte, man habe das "harmonisch" gelöst. Dass Schaafs Vertrag bis 2014 läuft, werde "werder-like" geregelt; sprich eine Abfindung gezahlt.

"Das geht nicht spurlos an einem vorüber", berichtete Stürmer Nils Petersen: "Der ein oder andere Spieler hat eine Träne verdrückt." Das letzte Zusammentreffen mit dem Coach dauerte nur wenige Minuten: "Es war ganz schnell." Auch Werder-Kapitän Clemens Fritz war ergriffen. Der Rauswurf war "ein Moment, der unter die Haut geht", gab er zu. "Für uns alle war es ein Stück weit überraschend", gab Fritz zu. "Dass der Abschied emotional war, ist klar", berichtete der Kapitän aus der Kabine: "Er hat hier 14 Jahre gearbeitet."

Den Club stellt die Trennung vor eine Zeitenwende: Mit Kevin de Bruyne und Sokratis wird Werder seine besten Kräfte verlieren. Wer diesen allenfalls mittelmäßigen Kader unter dem Diktat des Sparens befehligt, wird eine schwierige Entscheidung für Eichin. Vorgabe des 46-jährigen Krisenmanagers: "Es wird ein Trainer von außen kommen, einer, der hier nicht jeden Stein kennt."

Namen wie Mehmet Scholl, Holger Stanislawski, Ralph Hasenhüttl und auch Norbert Meier stehen im Raum, die Suche scheint ergebnisoffen ausgeschrieben. Das Problem des Thomas Schaaf ist das nicht mehr. Er zieht sich erst einmal zurück. Nach Brinkum auf niedersächsischem Terrain, wo nicht einmal alle Nachbarn genau wissen, wie dieser Mann hinter den hohen Hecken wirklich tickt.

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