Jugendfußball Schleichender Niedergang bereitet Sorgen

Saarbrücken · Mit Nico Weißmann als Jugendleiter wollte der 1. FC Saarbrücken durchstarten. Doch die Ergebnisse sind so schlecht wie nie.

 Nico Weißmann, der Jugendleiter des 1. FC Saarbrücken, fordert angesichts der derzeit eher mäßigen Ergebnisse der Nachwuchsteams „Geduld und Beharrlichkeit“.

Nico Weißmann, der Jugendleiter des 1. FC Saarbrücken, fordert angesichts der derzeit eher mäßigen Ergebnisse der Nachwuchsteams „Geduld und Beharrlichkeit“.

Foto: Andreas Schlichter

Es war einmal – so beginnen Märchen und viele traurige Geschichten. Auch die von der Jugendabteilung des Fußball-Regionalligisten 1. FC Saarbrücken. Noch vor 15 Jahren war der FCS das Maß aller Dinge im Land. Fast jeder talentierte Spieler landete beim Club an der Camphauser Straße. Heute hängt der FCS deutlich hinterher.

„Die gesamte Lage hat sich verändert. Mit den Jugendfördergemeinschaften ist die lokale Konkurrenz durchaus größer geworden“, sagte der frühere Jugendkoordinator Stephan Kling bereits vor drei Jahren. Auch dass die SV Elversberg ein Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) aufweisen kann und der FCS nicht, spielt eine Rolle. Doch der Niedergang des FCS-Nachwuchses hat auch interne Gründe und in den vergangenen Monaten und Jahren eher an Tempo zugelegt.

Rückblende: Unter dem damaligen Jugendleiter Jan Berger gelang im Sommer 2014 der U17 mit Trainer Jörg Schampel und der U19 mit Trainer Bernd Rohrbacher der Aufstieg in die jeweilige Bundesliga. Im Jahr darauf schaffte Rohrbacher das bis dahin nicht Dagewesene: Eine saarländische Jungen-Mannschaft erreichte den Verbleib in der höchsten Spielklasse. Von den damaligen Akteuren spielt nur noch Jordan Steiner beim FCS. Sportlich war Bergers Arbeit erfolgreich, im administrativen Bereich lag vieles im Argen. Nach SZ-Informationen war etwa das Handschuhfach eines Kleinbusses monatelang der Aufbewahrungsort von Dutzenden von Belegen und Rechnungen.

Unter Kling war zumindest dieser organisatorische Bereich kein Problem mehr. Daneben wurde vom damaligen Sportdirektor Milan Sasic ein Paradigmen-Wechsel eingeleitet. Die U23 wurde abgemeldet, das frei gewordene Geld in die U19 gesteckt. Statt Spieler aus der Großregion zu holen, wurden Talente aus der halben Republik angekarrt. Darunter auch Eduard Löwen. Den hielten die Verantwortlichen damals für nicht gut genug für die Profis. Heute spielt Löwen beim 1. FC Nürnberg in der 2. Liga und soll auf der Einkaufliste des FC Schalke 04 stehen.

„Wir können nicht jeden halten“, sagt Saarbrückens aktueller Sportdirektor Marcus Mann, auch im Hinblick auf den talentierten Stürmer Luca Schuler, der den Verein zum Ende dieser Saison in Richtung 1. FC Köln verlassen wird. „Solange wir kein NLZ haben, können wir Jugendspieler halt nicht mit Verträgen ausstatten“, sagt Mann, der zwar sieht, dass in der Jugend derzeit vieles nicht gut läuft, es aber anders formuliert: „Natürlich wollen wir perspektivisch bessere Ergebnisse erzielen. Aber wir sind in der Jugendabteilung gut aufgestellt.“

Vom Vizepräsidenten Dieter Ferner an die Spitze der Abteilung gestellt wurde vor fast 18 Monaten Nico Weißmann. Mit dem Gymnasiallehrer verbanden viele die Hoffnung, sportlichen Erfolg und klare Organisation vereinen zu können.

Doch vor allem die von hauptamtlichen Trainern betreuten Teams im Leistungsbereich enttäuschen. Die vom Ex-Lauterer Oliver Schäfer trainierte U19-Mannschaft liegt in der Regionalliga neun Punkte hinter Spitzenreiter SVE. Noch schlechter sieht die Bilanz von Karsten Specht aus. Vor drei Jahren als Trainer eines starken U17-Jahrgangs eher kläglich gegen Kickers Offenbach in der Bundesliga-Relegation gescheitert, konnte Specht zwischenzeitlich bei der U19 auch keine Erfolge feiern. Aktuell hat seine U17 bei zwei mehr ausgetragenen Spielen schon sechs Zähler Rückstand auf Regionalliga-Spitzenreiter SV Gonsenheim. Von den anvisierten Aufstiegen in die Bundesliga sind U17 und U19 ganz weit weg. Zudem ist die Specht-Truppe am Mittwochabend gegen den FC Homburg aus dem Saarlandpokal rausgeflogen. Und die U15 muss in der Regionalliga Südwest sogar um den Ligaverbleib bangen. Tiefschläge für alle mit blau-schwarzem Herzen.

„Die aktuellen Ergebnisse sind nicht zufriedenstellend. Wir werden das genau analysieren“, sagt Weißmann: „Mir war von Anfang an klar, dass es ein langfristiger Prozess werden wird. Entwicklung braucht eben Zeit. Man wird unsere Arbeit erst in ein paar Jahren abschließend bewerten können.“

Neben der sportlichen und organisatorischen hat Jugendarbeit auch eine emotionale Ebene. In Elversberg etwa legt man großen Wert darauf, dass möglichst viele Jugendspieler mit ihren Eltern zu den Regionalliga-Partien der ersten Mannschaft kommen. Das füllt auf der einen Seite natürlich das Stadion, schafft aber auch eine Bindung zum Verein. Beim FCS werden dagegen Test- und Nachholspiele scheinbar ohne Rücksicht auf den Vereins-Terminkalender angesetzt. „Wir können es niemandem vorschreiben zu kommen“, wehrt sich Weißmann: „Aber auch wir geben Karten für die Spiele der Ersten heraus.“

Im Sommer soll nun das Nachwuchsleistungszentrum endlich kommen. „Das ist kein Allheilmittel“, warnt Sportdirektor Mann: „Aber es hilft.“ Und die FCS-Jugendabteilung kann derzeit offensichtlich jede Hilfe gebrauchen. „Natürlich richtet sich die öffentliche Wahrnehmung auf die Ergebnisse im oberen Jugendbereich. Die sind schlechter als die geleistete Arbeit“, versteht Weißmann die aktuelle Kritik: „Wir müssen jetzt einfach unsere Schlüsse ziehen und weiterarbeiten. Das erfordert Geduld und Beharrlichkeit. Von allen.“

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