Fußball-Bundesliga Glücklose Rückkehr nach 1133 Tagen

Gelsenkirchen · FC Schalke 04 verliert beim Debüt von Trainer Huub Stevens gegen Leipzig mit 0:1. Die Lage wird immer bedrohlicher.

 Alle Augen und Kameras sind auf Huub Stevens gerichtet. Bei seiner Rückkehr konnte er das Ruder auf Schalke aber noch nicht herumreißen. Die Königsblauen stecken mitten im Abstiegskampf.

Alle Augen und Kameras sind auf Huub Stevens gerichtet. Bei seiner Rückkehr konnte er das Ruder auf Schalke aber noch nicht herumreißen. Die Königsblauen stecken mitten im Abstiegskampf.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Huub Stevens sprang von der Trainerbank auf, ruderte wild mit den Armen, redete energisch auf seine Spieler ein, drückte dem Vierten Offiziellen schmunzelnd ein Bonbon in die Hand. Doch es half alles nichts: Nach dem Schlusspfiff stand der Rückkehrer wie versteinert an der Seitenlinie. „Das“, gab der 65-Jährige nach dem 0:1 (0:1) mit Schalke 04 gegen RB Leipzig zu, „ist der schwierigste Job, den ich je hatte. Und ich hoffe, es ist der letzte.“

Für „seinen“ Verein war der Niederländer nach 1133 Tagen noch einmal aus dem Ruhestand zurückgekommen, „aus Liebe“, wie er betonte. Dabei nahm er sogar Krach mit seiner Ehefrau Toos in Kauf. „Eigentlich wollten wir am Sonntag nach Mallorca fliegen“, erzählte Stevens lachend und fügte in seiner typischen Art an: „Jetzt kriege ich zu Hause Komplimente.“

Statt Urlaub auf der Insel erwartet ihn in den nächsten zwei Monaten Schwerstarbeit. Sein Herzensclub, den er sensationell zum Uefa-Cup-Triumph führte, mit dem er vier Minuten deutscher Meister und zweimal Pokalsieger war, ist brutal abgestürzt. Nach sechs Pflichtspielpleiten in Folge und vier Bundesliga-Heimspielen nacheinander ohne Tor – beides Negativrekord in der Vereinsgeschichte – droht tatsächlich der vierte Abstieg.

Der Relegationsplatz ist für den Vizemeister nur noch drei Punkte entfernt, die Ausbeute von 23 Zählern nach 26 Spielen so schlecht wie seit dem Abstiegsjahr 1983 nicht mehr. „Ich habe doch viel mehr zu verlieren als zu gewinnen“, sagte Stevens: „Aber ich tue es.“ Trotz der Enttäuschung bei seiner Rückkehr auf die Schalker Trainerbank nach sechseinhalb Jahren sah er erste positive Zeichen: „Schalke braucht Leidenschaft, Kampfgeist, Leben – das sind Sachen, die habe ich heute wieder gesehen.“

Vier Tage nach dem 0:7-Debakel in der Champions League bei Manchester City, das Domenico Tedesco den Job gekostet hatte, gab die zuletzt so mut- und wehrlose Mannschaft in der Tat ein Lebenszeichen von sich. Dass am Ende das erste Bundesliga-Tor des Nationalspielers Timo Werner (14. Minute) nach erfolglosen 485 Minuten zum fünften Leipziger Auswärtssieg in Folge reichte, hatte mit königsblauem Pech und bekannten fußballerischen Unzulänglichkeiten zu tun – aber zumindest nicht mit mangelnder Einstellung wie in den letzten Wochen. „Es ist wenig, das weiß ich“, sagte Stevens: „Ich hätte auch lieber mit einem Sieg hier gestanden. Aber wenn du da unten stehst, lässt dich das Glück im Stich.“

In der zweiten Halbzeit, als der spielerisch deutlich überlegene Tabellendritte nur noch den Vorsprung verwaltete, hatten Mark Uth, Suat Serdar und Guido Burgstaller hochkarätige Chancen zum Ausgleich. Schalke kämpfte, gab sich nicht auf – und machte sich damit selbst neue Hoffnung im Abstiegskampf. Der, prophezeite Stevens, werde „bis zum Ende der Saison“ dauern.

Bis dahin muss der 65-Jährige durchhalten – was er sich mehr als drei Jahre nach seinem Rücktritt in Hoffenheim wegen Herzrhythmus­störungen auch zutraut. „Ich habe keine Probleme gehabt“, sagte er nach seiner Rückkehr: „Die Knie haben gehalten, die Ohren waren gut, die Augen waren gut. Es ging mir gut.“ Nur das allein reicht nicht. Schalke braucht Punkte – und zwar dringender denn je.

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