Turn-WM Schäfer greift nach einer Medaille

Montréal · Saarländische Turnerin muss im WM-Finale am Schwebebalken auch auf die Fehler der Konkurrenz warten.

 Pauline Schäfer auf dem Schwebebalken.

Pauline Schäfer auf dem Schwebebalken.

Foto: dpa/Deniz Calagan

Das Lächeln ist zurück. Pauline Schäfer hat es am Mittwoch gefunden. Es kam mit dem Ticket für das Schwebebalken-Finale bei der Turn-WM in Kanada. „Ich bin sehr zufrieden und freue mich auf das Finale“, sagte sie nach ihrer Qualifikation. Schon einmal, vor zwei Jahren, hatte sich die Saarländerin bei einer Weltmeisterschaft für die Entscheidung auf dem zehn Zentimeter schmalen Grat qualifiziert. Damals gewann sie Bronze. Sie hatte Glück, weil die anderen Sturzpech hatten.

Auch diesmal in Montréal möchte die jetzt 20-Jährige am Sonntag nach einer Medaille greifen. Erneut muss die Bierbacherin dabei auf Fehler anderer hoffen. Zwar belohnten die Kampfrichterinnen die am Chemnitzer Stützpunkt trainierende Kunstturnerin im Vorkampf mit der besten Note für die Ausführung. Doch in puncto Schwierigkeit liegt sie fast am Ende des Achterfeldes.

Eine Rückenverletzung, die sie sich nach den deutschen Meisterschaften im Juni im Sprungtraining zugezogen hatte, hemmt sie noch immer. Zwar konnte die zu den nationalen Qualifikationswettkämpfen mit erleichterten Übungen angetretene Gleichgewichtskünstlerin ihr Programm seitdem wieder aufstocken. Doch auf ihre wertvolle Anfangsbahn muss sie weiterhin verzichten. Mehr als 5,5 Punkte in der Schwierigkeit sind damit nicht drin. Allen voran ihre eigene Teamkollegin, die Ludwigsburgerin Tabea Alt, ist ihr damit einen halben Punkt voraus. Die Gesamt-Weltcupsiegerin hatte die Qualifikation am Balken gewonnen, Schäfer wurde Dritte. Dass sie nun gemeinsam den erneuten Balance-Akt vorbereiten, mache ihnen nichts aus, versichern beide. „Es wäre doch auch blöd, wenn wir uns dabei im Weg stehen würden“, betont Alt.

Es ist das erste Mal seit 34 Jahren, dass gleich zwei deutsche Turnerinnen im Finale an dem Gerät stehen, das so lange ein Problem für die deutsche Riege darstellte. Umso mehr wusste Schäfer einst mit ihrem Können darauf Bundestrainerin Ulla Koch zu gefallen. Dabei waren ihr vor allem die Rückwärtsüberschläge lange nicht geheuer, musste die Bierbacherin nach Stürzen erst einmal die Angst überwinden, ins Leere zu springen. Doch sie hat das richtige Gefühl dafür, einen Absturz zu vermeiden, bewegt sich geschmeidig über den Turnsteg.

Die selbst ernannte Perfektionistin schaute sich zudem bei einem Trainingslager im Ausland ein Element ab, das sie als Erste auf der Weltbühne präsentieren sollte und das seitdem ihren Namen trägt: einen Seitwärtssalto mit halber Schraube.

Der „Schäfersalto“, anfangs lange ein kleiner Problemfall, ist sehr stabil geworden. An anderen Schwächen muss die ehrgeizige Athletin noch härter arbeiten, will sie auch im Mehrkampf wieder Chancen erhalten. Denn dass sie in diesem in Kanada nicht starten durfte, sondern sich auf Boden und Balken beschränken musste, lag daran, dass gleich drei andere deutsche Turnerinnen am Stufenbarren die gesetzte Norm erfüllten, sie selbst an den Holmen jedoch im Vergleich noch hinterherhinkt. „Ich hatte mich in beiden Qualifikationen im Mehrkampf angeboten“, sagt die Zweite der nationalen Titelkämpfe. „Aber in dieser Zusammensetzung war die Nominierung nicht möglich.“ Denn nur drei Starterinnen pro Nation durften jeweils ans Gerät.

Um eine solche Enttäuschung in Zukunft zu vermeiden, will die Rio-Teilnehmerin sich mit Blick auf die Olympischen Spiele 2020 in Tokio im nächsten Jahr etwas mehr aufs Training konzentrieren und einige Wettkämpfe aus dem Jahresplan streichen. Zudem hat sie damit angefangen, ihr Abitur nachzuholen. Ein straffes Programm für eine, die nicht gerade als die Fleißigste gilt. Die aber, wie Bundestrainerin Koch lobend erwähnte, trotz der Enttäuschung über das Vierkampf-Aus im Olympiastadion von Montréal hochkonzentriert und fokussiert war. Und danach dann auch lächeln konnte.

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