WM-Qualifikation der Turner Schäfer beißt auf die Zähne

Stuttgart · Die angeschlagene 20-jährige Saarländerin erturnt sich in Stuttgart das Ticket für die WM in Kanada – ohne Schmerzmittel.

 Pauline Schäfer zeigte an ihrem Spezialgerät, dem Schwebebalken, eine ordentliche und solide Leistung. Die 20-Jährige musste allerdings auf mehrere Höchstschwierigkeiten verzichten, weil sie immer noch Rückenprobleme plagen.

Pauline Schäfer zeigte an ihrem Spezialgerät, dem Schwebebalken, eine ordentliche und solide Leistung. Die 20-Jährige musste allerdings auf mehrere Höchstschwierigkeiten verzichten, weil sie immer noch Rückenprobleme plagen.

Foto: dpa/Deniz Calagan

Pauline Schäfer war erleichtert. Dass Cheftrainerin Ulla Koch auch ihren Namen genannt hatte, als sie unmittelbar nach der zweiten Weltmeisterschafts-Qualifikation der deutschen Kunstturnerinnen am Samstag in Stuttgart die Nominierten für die Titelkämpfe vom 2. bis 8. Oktober in Montreal bekanntgab, stimmte die 20-Jährige erst einmal zufrieden. In den verbleibenden Wochen will die Saarländerin nun versuchen, die Leistung, die sie bei ihrem zweiten Platz im Mehrkampf hinter der Gesamtweltcup-Siegerin Tabea Alt aus Ludwigsburg abgab, noch zu steigern.

An ihrem Vermögen liegt das nicht. Spätestens mit ihrem dritten Platz am Schwebebalken bei der WM vor zwei Jahren in Glasgow hat die in Chemnitz trainierende Sportlerin bewiesen, dass sie in der Welt­elite ganz vorne mitmischen kann. Doch seit vier Wochen hindern Rückenschmerzen die Bundeswehrsoldatin daran, ihr Potenzial auszuspielen. Beim Sprungtraining war Schäfer bei Ansätzen so unglücklich auf dem Mattenberg gelandet, dass sie sich verletzte. Woran genau sie leidet, stehe noch nicht fest. Zuletzt lag der Verdacht bei einem sogenannten Wurzelödem.

Zu Schmerzmitteln will Schäfer nicht greifen. Deshalb verzichtet sie auf einige Elemente, die den Schwierigkeitswert ihrer Darbietungen entscheidend in die Höhe treiben würden. Gerade am Schwebebalken, ihrem Paradegerät, an dem sie auch in Kanada gerne den Sprung ins Finale schaffen würde, macht sich das bemerkbar. Weder Rückwärtsüberschläge noch die wertvollen gymnastischen Ringsprünge, bei denen Kopf und Bein sich berühren, sind ihr auf dem zehn Zentimeter schmalen Grat aktuell möglich. Die 13,70 Punkte, die sie vor 2200 Zuschauern in Stuttgart als Beste an diesem Gerät einturnte, sind in der absoluten internationalen Spitze denn auch noch nicht konkurrenzfähig. Obwohl Schäfer ihre eigene Erfindung, einen Seitwärtssalto mit halber Schraube, diesmal sicher stand.

„Die Hoffnung stirbt zuletzt“, macht sich die Turnerin selbst Mut. Was solle sie auch anderes tun, wenn die bisherigen medizinischen und physiotherapeutischen Behandlungen nicht anschlagen? Immerhin konnte sie im entscheidenden Wettkampf das, wozu sie momentan in der Lage ist, ordentlich präsentieren und so auch noch am Boden mit 13,35 Punkten den Bestwert und am Sprung mit 14,10 die zweitbeste Note erzielen. „Barren ist nun mal nicht mein stärkstes Gerät“, erklärte sie mit Blick auf die 12,85 Punkte dort.

Doch genau das stellt für die Mehrkampfzweite der Deutschen Meisterschaften von Berlin einen weiteren Stolperstein dar. In Nordamerika werden im nacholympischen Jahr keine Mannschafts-, sondern nur Einzeltitel vergeben. Dabei dürfen in der Qualifikation von den vier Turnerinnen, die Koch mitnimmt, pro Gerät nur jeweils drei vor die Kampfgerichte treten. Da in ihrer Riege alle außer Schäfer an den beiden Holmen für eine Finalteilnahme gut sind – neben Alt auch die EM-Dritte Elisabeth Seitz und Kim Bui aus Stuttgart – soll die gebürtige Bierbacherin dort nicht eingesetzt werden. Was wiederum heißt, dass sie auch keine Chance auf eine Teilnahme am Endkampf der besten 24 Mehrkämpferinnen hat.

Doch die Turnerin will den Kopf nicht hängen lassen, will weiter alles geben, um mit einer guten Weiterentwicklung in den nächsten Wochen vielleicht doch noch die Tür zu einem Vierkampfeinsatz aufzustoßen, obwohl die Bundestrainerin ihr dafür wenig Hoffnung macht. „Hauptsache, ich bin erst mal dabei“, sagt Pauline Schäfer. „Das war mein Ziel.“ Und vielleicht werde mit ihrem Rücken ja auch bald wieder alles gut, und sie kann mit einem guten Ausgangswert doch wieder nach einer Medaille greifen.

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