Russlands Hoffnung auf Rückkehr

Lausanne · Der neue russische Sportminister Kolobkow drängt auf die Wiederanerkennung der Anti-Doping-Agentur Rusada.

Russlands neuer Sportminister Pawel Kolobkow hat eine große Chance vertan, nach dem Doping-Skandal in seinem Land für einen glaubwürdigen Neuanfang zu werben. "Das war sehr enttäuschend", kritisierte die Nada-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann den Auftritt des früheren Fecht-Weltmeisters gestern beim Symposium der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) in Lausanne. "Die Infragestellung des McLaren-Reports und der Whistleblower kam nicht gut an."

Kolobkow hatte gestern den staunenden Delegierten auf dem Symposium der Wada in Lausanne voller Selbstvertrauen seinen Plan eröffnet. "Das Ziel lautet, eine vorläufige Akzeptanz der Rusada im Mai zu erreichen. Im November soll die Rusada ihre Zulassung erhalten", sagte der Nachfolger von Witali Mutko, der in der Krise zum russischen Vize-Premierminister aufgestiegen ist. Kolobkow stützte sich bei seinen Aussagen auf einen Fahrplan, den die Wada mit Russland für den Reformprozess entwickelt hat. "Einige der Kriterien wurden bereits erreicht. Wir arbeiten daran, dass alle Punkte erfüllt werden", sagte der Politiker vor rund 700 internationalen Anti-Doping-Experten.

Bei seinen Ausführungen stellte Kolobkow die Maßnahmen in den Vordergrund, die in seinem Land bereits ergriffen wurden. "Wir haben das Budget der Rusada verdreifacht und das Anti-Doping-Labor unter die Kontrolle der Universität Moskau gestellt. Es untersteht nicht mehr dem Ministerium für Sport", teilte er mit. Stattdessen zweifelte er die im zweiten Report des Wada-Ermittlers Richard McLaren präsentierten Ergebnisse an. "Die russische Regierung erkennt nicht, dass es ein institutionelles Doping-System und eine Doping-Verschwörung geben hat", betonte Kolobkow einmal mehr die russische Position. Das Niveau der Beweise von McLaren sei nicht ausreichend, um etwaige Doping-Verfehlungen einzelner Sportler zu ahnden. "Wir bereiten gerade eine offizielle Überprüfung des McLaren-Reports vor", erklärte der Minister.

Wada-Präsident Craig Reedie räumte ein, dass es bei der Doping-Bekämpfung durchaus Fortschritte gegeben habe, allerdings sei man noch längst nicht am Ziel. "Es gibt noch viel zu tun", meinte Reedie. Die Rusada müsse "nachweisen, dass die internen Prozesse unabhängig und autonom verlaufen", erklärte Reedie und betonte, dass man die Zusammenarbeit mit der russischen Anti-Doping-Agentur fortsetzen wolle. "Seit März 2016 sind zwei unserer Experten in Moskau vor Ort, die die Unabhängigkeit der Rusada vorantreiben", sagte der 75-Jährige.

Die Wada hatte die Rusada im November 2015 suspendiert. Die Entscheidung basierte auf einem unabhängigen Bericht über Dopingpraktiken in der russischen Leichtathletik. Russlands Leichtathleten durften nicht an den Olympischen Spielen in Rio teilnehmen. Auch den russischen Behindertensportlern wurde die Teilnahme an den Paralympics verwehrt. Ein Bericht des kanadischen Ermittlers Richard McLaren hatte Verstöße gegen die Anti-Doping-Richtlinien bestätigt. Demnach sollen rund 1000 russische Athleten von 2011 bis 2015 vom russischen Dopingsystem profitiert haben.

Derweil soll der Internationale Sportgerichtshof (CAS) Sergej Portugalow, das angebliche Mastermind des Dopingprogramms in der russischen Leichtathletik, lebenslang gesperrt haben. Das teilte der russische Leichtathletik-Verband mit. Der CAS hat den Vorgang noch nicht bestätigt. Die Wada hatte im Jahr 2015 empfohlen, Portugalow an keinem staatlichen Sportprogramm mehr zu beteiligen. Der Chef von Russlands medizinischer Leichtathletik-Kommission galt als oberster Verwalter des Dopingprogramms seines Landes. Der Mediziner soll für die Vertuschung positiver Dopingtests von Athleten Geld gefordert haben und selbst auch verbotene Substanzen injiziert haben.

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