Vierschanzentournee Freund kämpft um den Anschluss

Oberstdorf · Rückkehrer Severin Freund geht quasi chancenlos in die Vierschanzentournee, gibt sich aber kämpferisch.

 Sein Gesichtsausdruck spricht Bände: Severin Freund war mit den Ergebnissen seiner Weltcup-Rückkehr in Engelberg alles andere als zufrieden. Der lange verletzte Freund hofft bei der Tournee auf Besserung.

Sein Gesichtsausdruck spricht Bände: Severin Freund war mit den Ergebnissen seiner Weltcup-Rückkehr in Engelberg alles andere als zufrieden. Der lange verletzte Freund hofft bei der Tournee auf Besserung.

Foto: AP/URS FLUEELER

An Weihnachten erhielt Severin Freund die wohl wichtigsten Trophäen seines Lebens. Beschenkt mit Gipsabdrücken der linken Hand und des linken Fußes seiner zwölf Wochen alten Tochter Johanna, genoss der 30-Jährige die letzten ruhigen Stunden vor der Vierschanzentournee. „Das kostbarste Präsent“, schrieb der ehemalige Skisprung-Weltmeister unter das Facebook-Foto, auf dem er mit dem Tannenbaum um die Wette strahlt.

Kein Zweifel: Bei Severin Freund haben sich die Prioritäten im Jahr 2018 verschoben. Wenn der langjährige Vorflieger des deutschen Teams an diesem Samstag (16.30 Uhr/ZDF und Eurosport) in Oberstdorf bei der Qualifikation in seine schon elfte Tournee startet, ist er dennoch voller Tatendrang. „Skispringen ist und bleibt meine große Leidenschaft“, sagt Freund, der nach langer Auszeit um den Anschluss an die Weltspitze kämpft. Bislang vergebens.

Freund nimmt die Situation als Realist, sein großes Ziel bleibt die WM im Februar 2019. „Dass ich nach zwei Jahren Verletzungspause nicht durch die Konkurrenz marschiere wie das heiße Messer durch die Butter, war abzusehen. Deshalb haben mich die ersten recht zähen Wochen auch nicht überrascht“, sagt der ehemalige Gesamtweltcup-Gewinner. Die Plätze 50 und 47 bei der Tournee-Generalprobe in Engelberg dürften jedoch auch ihn ernüchtert haben. „Es war zu befürchten, dass es knapp wird. Der Weg ist noch weit“, sagt Bundestrainer Werner Schuster. Der Österreicher betont aber auch: „Er kann schon an die Top Zehn, Top 15 anklopfen.“ Zumal der Niederbayer gerade in Engelberg schon immer Probleme hatte.

Freund ist allerdings auch auf den anderen Schanzen noch nicht über Platz 22 hinausgekommen. Im Gesamtweltcup ist er nur siebtbester Deutscher. Läuft es bei der Tournee ähnlich, steht Schuster nach dem Neujahrsspringen vor einem Problem. Dann nämlich muss der Trainer sein Team auf sieben Namen reduzieren. Bislang profitiert Freund von einem wohlverdienten Kredit. „Severin hat das deutsche Skispringen über zehn Jahre geprägt“, sagt Schuster.

Eines Tages, das sagt auch Schuster, könnte dieser Kredit aber aufgebraucht sein. „Irgendwann muss Severin in der Ergebnisliste auf der ersten Seite auftauchen, nicht auf der zweiten oder dritten. Irgendwann gibt es keine Gnade mehr. Das ist Leistungssport“, sagt er. Freund habe den erhofften Schritt bislang nicht gemacht. „Aber wenn er etwas kann, dann kämpfen.“

Sollte Freund schon an Neujahr seinen Platz verlieren, wäre es nicht seine erste Tournee-Enttäuschung. 2013/2014 verpasste er in Garmisch-Partenkirchen völlig überraschend den zweiten Durchgang. Zwei Jahre später stürzte er im Probedurchgang von Innsbruck, rettete aber Rang zwei der Gesamtwertung. 2016/2017 stieg er in Innsbruck erkrankt aus. Im vergangenen Jahr fehlte er verletzt.

Die Tournee bescherte Severin Freund aber auch einen der schönsten Tage in seiner Karriere. Am 29. Dezember 2015 sangen 25 000 Fans in Oberstdorf das Lied vom „Freund, dem guten Freund“, als dieser gerade gewonnen hatte. Von solchen Sternstunden ist er zwar gerade weit entfernt. Aber vielleicht zaubert der Schattenberg zumindest wieder ein Lächeln auf das Gesicht von Severin Freund.

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