Rückkehr auf den heiligen Rasen

London · Keine Trainerin, keine Erfolge und doch viel Zuversicht: Auf dem Heiligen Rasen von Wimbledon soll sich für Sabine Lisicki alles zum Guten wenden. Heute greift die Vorjahresfinalisten ins Geschehen ein.

Nach ihrer Ankunft in Wimbledon hat Sabine Lisicki ein Bild um die Welt geschickt. Ihre Zehenspitzen berühren den heiligen Trainings-Rasen im "All England Club". Dabei war noch kein Ballwechsel gespielt. Lisicki war das egal, alleine die Rückkehr "an den Ort, den ich so sehr mag", fühlte sich an wie ein Triumph. Beinahe ein Jahr nach ihrem unvollendeten Sommermärchen saugt die Vorjahresfinalistin den Mythos Wimbledon in sich auf, als wolle sie damit alle bösen Geister der Vergangenheit vertreiben. Heute um 14 Uhr eröffnet sie anstelle der zurückgetretenen Titelverteidigerin Marion Bartoli aus Frankreich auf dem Center Court offiziell die Frauen-Konkurrenz. Lisicki sagt, sie freue sich über diese Ehre, hätte aber auch auf jedem anderen Platz gegen die Israelin Julia Glushko gespielt.

Hauptsache wieder auf Rasen, Hauptsache in Wimbledon : Hier stimmen die Erinnerungen, auch wenn sie 2013 "die Kirsche auf der Torte nicht bekommen" hat. Vergessen sind die erfolglosen Monate, die ständigen Wehwehchen, die Kritik an ihrer Fitness und den Ausflügen auf den roten Teppich. Vergessen sind auch die Nichtnominierung für das Fed-Cup-Halbfinale und die Trainerwechsel.

Der Belgier Wim Fissette, der sie ins Wimbledon-Finale geführt hatte, war nur wenige Wochen nach dem Turnier schon wieder Geschichte. Mit Martina Hingis sollte sich Lisickis Suche zum Guten wenden, doch auch die Zusammenarbeit mit der ehemaligen Weltklassespielerin hielt nur wenige Monate. Die Schweizerin konzentriert sich mit 33 Jahren auf ihre Doppel-Karriere. Da ist für Lisicki kein Platz mehr.

"Ich kann ihren Schritt nachvollziehen", sagte die 24 Jahre alte Berlinerin, alles andere habe sie ja schon im Internet bei Facebook geschrieben. Wie es nun weitergehe? "Erstmal mit meinem Vater. Wir sind ja jetzt in Wimbledon , da müssen wir nichts überstürzen."

Nein, im Londoner Südwesten gibt es für Lisicki tatsächlich keinen Grund, in Hektik zu verfallen. Ihre Ergebnisse sprechen für sich, bei den letzten vier Teilnahmen stand sie stets mindestens im Viertelfinale, egal, wie die Saison zuvor verlaufen war. Auch mit der unmittelbaren Vorbereitung zeigt sich Lisicki zufrieden, von der Handgelenkverletzung, die sie sich beim Sturz in Paris zuzog, spürt sie nichts mehr.

Nach den French Open habe sie zehn Tage lang Kondition gebolzt, beim Rasentraining im westfälischen Halle und in Wimbledon kam das Gefühl für den Ball zurück. Und der Spaß. Wie im Vorjahr fuhr sie vor Turnierbeginn aufs Land. Beim königlichen Pferderennen Royal Ascot posierte sie mit Cocktailkleid und einem strahlenden Lächeln. Auch dieses Bild schickte sie um die Welt. Nur zwei Wochen nach seinem ersten Spiel auf Rasen überhaupt hat Qualifikant Tim Pütz - der Weltrangliste-251. - auf dem ungewohnten grünen Belag in Wimbledon den größten Moment seiner Karriere gefeiert. Anders als die schon am Eröffnungstag ausgeschiedenen Dustin Brown und Julia Görges zog der 26-Jährige dank eines 2:6, 6:4, 6:2 und 6:2-Erfolgs gegen den russischen Weltranglisten-62. Teymuraz Gabaschwili bei seinem Grand-Slam-Debüt in die zweite Runde ein. "Es wirkt ein bisschen unreal, hier zu sein, ich habe als Kind vor dem Fernseher gesessen und Wimbledon geguckt", erzählte der glückliche Frankfurter. Im Kampf um den Einzug in Runde drei steht er dem italienischen Weltranglisten-15. Fabio Fognini gegenüber.

Insgesamt erlebten die deutschen Tennis-Profis einen durchwachsenen Montag. Der 29-jährige Brown unterlag dem einstigen Top-10-Spieler Marcos Baghdatis aus Zypern mit 4:6, 5:7, 6:3 und 6:7 (4:7). Die 25-jährige Görges verlor gegen die an Position 23 gesetzte Tschechin Lucie Safarova mit 6:7 (3:7) und 6:7 (3:7). Von den deutschen Damen schaffte nur Mona Barthel mit einem 7:5 und 6:0 gegen die Schweizerin Romina Oprandi das Weiterkommen.

Der Orscholzer Benjamin Becker spielte sich mit einem souveränen 6:4, 6:3 und 6:4 gegen Donald Young aus den USA in die nächste Runde. Anna-Lena Friedsam musste sich der Japanerin Kurumi Nara mit 4:6 und 4:6 geschlagen geben. Tobias Kamke ging nach einem umkämpften 3:6, 7:6 (7:5), 3:6, 7:5 und 4:6 gegen den Tschechen Jan Hernych als Verlierer vom Platz. Keine Mühe hatte Titelverteidiger Andy Murray . Der Schotte ließ dem Belgier David Goffin beim 6:1, 6:4, 7:5 keine Chance.

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