Ronny und das Schachbrett

Saarbrücken. So ganz will Reinhold Müller nicht in das - zugegeben nicht ganz vorurteilsfreie - Bild eines typischen Schachspielers passen. Zum Interviewtermin während einer Freistunde erscheint der 17-jährige "Ronny", wie er schon seit der Grundschule genannt wird, ganz locker und lässig vor seiner Schule, dem Ludwigsgymnasium

 Schachspieler Reinhold Müller ist zwar erst 17 Jahre alt, Saarlandmeister ist er dennoch schon. Am Wochenende startet er bei den Deutschen Meisterschaften in Saarbrücken. Foto: Wieck

Schachspieler Reinhold Müller ist zwar erst 17 Jahre alt, Saarlandmeister ist er dennoch schon. Am Wochenende startet er bei den Deutschen Meisterschaften in Saarbrücken. Foto: Wieck

Saarbrücken. So ganz will Reinhold Müller nicht in das - zugegeben nicht ganz vorurteilsfreie - Bild eines typischen Schachspielers passen. Zum Interviewtermin während einer Freistunde erscheint der 17-jährige "Ronny", wie er schon seit der Grundschule genannt wird, ganz locker und lässig vor seiner Schule, dem Ludwigsgymnasium. Ein sportlicher Typ, die Kleidung leger, Kopfhörer in den Ohren. Seine Leistungskurse sind nicht etwa Mathematik und Physik, sondern unter anderem Sport und Englisch. "Hey, wie geht's", sagt er zur Begrüßung. Er wirkt nicht wirklich wie jemand, der gerade als Jugendlicher Schach-Saarlandmeister bei den Erwachsenen wurde.

Das ändert sich auch zunächst nicht, als er vor dem Schachbrett sitzt. Locker plaudert er drauflos, beantwortet die Fragen und macht zwischendurch fast beiläufig seine Züge. Sein Großvater brachte ihm die Schachregeln bei, als er sechs Jahre alt war. Das fand er so interessant, dass er mehr darüber wissen wollte. Also ging er zur SVG Saarbrücken. Jugendtrainer Farsin Hosseini merkte schon bald, dass Ronny Talent hatte.

Ronny nahm sich nach etwa einem Jahr mit Dirk Baldes einen Einzeltrainer, der ihn immer weiter in die Geheimnisse des königlichen Spiels einweihte. Doch auch Dirk Baldes war irgendwann nicht mehr in der Lage, Ronny viel beizubringen. Da traf es sich gut, dass mit Ghenadi Nessis ein Fernschach-Großmeister in Saarbrücken wohnt. Mit 13 fragte Müller bei ihm an und konnte den Russen als persönlichen Trainer gewinnen.

Die Erfolge können sich sehen lassen: vier Mal wurde er saarländischer Jugendmeister, zwei Mal deutscher Vizemeister sowie deutscher Jugendblitzmeister. Außerdem nahm er bereits drei Mal an der Jugend-Europameisterschaft teil.

Unter seinen Mitschülern sind die Reaktionen gespalten. "Ein paar finden das gut, dass ich etwas mache, das nicht jeder macht. Andere machen sich manchmal darüber lustig. Aber das ist mir egal. Ich finde Schach faszinierend und würde es auch jedem empfehlen, weil es die Konzentration unheimlich gut schult", erklärt Ronny.

Durch den Saarlandmeistertitel darf er nun erstmals an den Deutschen Meisterschaften der Erwachsenen teilnehmen, die ab morgen an der Saarbrücker Hermann-Neuberger-Sportschule ausgetragen werden. "Das ist bis jetzt das größte und am besten besetzte Turnier für mich", sagt er voller Vorfreude. Speziell vorbereitet hat er sich aber nicht. Denn Ronny steht kurz vor dem Abitur - und das geht natürlich vor. "Im Moment trainiere ich nur zwei bis drei Stunden in der Woche. Das ist eigentlich zu wenig. Aber die Schule ist wichtiger als Schach", meint er.

Dennoch hat sich Ronny für dieses Jahr noch ein Ziel gesetzt: "Ich will meinen ersten Titel haben." Das wäre der des so genannten FIDE-Meisters (FM), den man ab einer Wertungspunktzahl von 2300 verliehen bekommt. Diese Zahl, auch ELO-Zahl genannt, ist das Zeichen für die Stärke eines Schachspielers. Ronny liegt zurzeit bei 2243 Punkten, doch gerade bei der Deutschen Meisterschaft kann er nur gewinnen. "Da sind fast nur Spieler mit höheren Punktzahlen dabei. Jede Partie hier wird mich weiterbringen, ob ich nun gewinne oder verliere."

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