Rohdiamant in der Warteschleife

Köln · Die Uhr tickt zwar, aber Rennfahrer Pascal Wehrlein darf weiter hoffen: Auch gut fünf Wochen vor Beginn der neuen Saison stehen die Chancen des deutschen Top-Talents auf ein Cockpit in der Formel 1 gut.

In einigen Jahren soll er im Silberpfeil um die Weltmeisterschaft kämpfen, das Abenteuer Formel 1 könnte für Pascal Wehrlein allerdings schon in fünf Wochen beginnen. Das deutsche Top-Talent ist kurz vor dem Saisonstart in Melbourne Favorit im Rennen um die letzten freien Cockpits der Königsklasse. Für Wehrlein, jüngster Champion der DTM-Geschichte, wäre es der nächste große Schritt in seiner steilen Karriere.

Der 21-Jährige steht bei Mercedes unter Vertrag und ist dort so etwas wie der Kronprinz von Weltmeister Lewis Hamilton und dem Deutschen Nico Rosberg . So früh wie möglich wollen die Silberpfeile ihm Wettkampfpraxis auf allerhöchstem Niveau bieten - und die Verhandlungen um Wehrleins Zukunft erklären ganz gut, wie der Fahrermarkt in der Formel 1 funktioniert.

Einzig der Manor-Rennstall hat seine Cockpits noch nicht besetzt. Die Engländer pokern weiter um das beste Paket. Es geht dabei vor allem um Sponsorenmillionen. Das Team aus Dinnington sucht angeblich rund 18 Millionen Euro auf dem Fahrermarkt. Denn ohne Bezahlfahrer kann Manor, das 2014 unter dem Namen Marussia in die Insolvenz rutschte, die Saison nicht bestreiten. Dies sei nun mal "die finanzielle Realität" in der Formel 1 , sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff: "Sie müssen sich refinanzieren." Allerdings will das Weltmeister-Team in ein Wettbieten nicht einsteigen. "Da schwirren Summen durch den Raum", sagte der Österreicher, "die so für uns einfach nicht in Frage kommen."

Der Trumpf im Poker um Wehrleins Cockpit ist ein anderer: Ab dieser Saison wird Manor von Mercedes-Motoren angetrieben, ist damit ein Geschäftspartner des deutschen Autobauers, und die teure Rechnung für die Turbo-Hybridantriebe ist wohl Bestandteil der Verhandlungen . Zudem wird spekuliert, dass Mercedes die Nutzung seines Windkanals und Simulators in Aussicht stellt. Hohe Sponsorengelder könnte Manor dann noch durch die Besetzung des zweiten Cockpits erlösen. Hier ist Rio Haryanto ein Favorit. Der Indonesier bringt mit Hilfe des staatlichen Ölkonzerns Pertamina und des indonesischen Sportministeriums eine Menge Geld mit - so viel, dass der zweite Manor deutlich günstiger wäre.

Für den Rennstall mit der bewegten Geschichte wäre die Verpflichtung Wehrleins sportlich zweifellos ein Volltreffer. Neben Sebastian Vettel , Nico Rosberg und Nico Hülkenberg wäre Wehrlein 2016 der vierte Deutsche im Starterfeld, ein ganz normaler Anfänger wäre er allerdings nicht. Wie aus Mercedes-Kreisen verlautet, bewegt sich Testpilot Wehrlein fahrerisch schon jetzt auf dem Niveau von Hamilton und Rosberg. Im Silberpfeil könnte er in nicht allzu ferner Zukunft der nächste deutsche Weltmeister sein.

Hinterbänkler Manor wäre nicht der schlechteste Starthelfer seiner Formel-1-Karriere. Der Mercedes-Antrieb wird einen Schub verleihen, zudem kommen Getriebe und Aufhängung ab sofort von Williams. "Das Potenzial für eine erhebliche Steigerung ist vorhanden", sagt Wehrlein: "Wenn man sogar im Mittelfeld mitmischen kann, dann macht ein Jahr dort wirklich Sinn."

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