Ringer-Bundesliga Der sanfte Riese wartet auf die echten Gegner

Köllerbach · Der Ukrainer Oleksandr Khotsianivskyi will mit dem Ringer-Bundesligisten KSV Köllerbach in dieser Saison deutscher Meister werden.

 Die Fans in der Kyllberghalle feiern ihn, er grüßt zurück. Der Ukrainer Oleksandr Khotsianivskyi ist beim KSV Köllerbach ein Publikumsliebling, weil er auf der Matte immer Vollgas gibt.

Die Fans in der Kyllberghalle feiern ihn, er grüßt zurück. Der Ukrainer Oleksandr Khotsianivskyi ist beim KSV Köllerbach ein Publikumsliebling, weil er auf der Matte immer Vollgas gibt.

Foto: Andreas Schlichter

„Ich bin einfach froh, wenn ich auf die Matte gehen kann“, sagt Oleksandr Khotsianivskyi. Ein Satz, der für einen Ringer nicht ungewöhnlich ist. Doch dann überrascht der Schwergewichtler des Bundesligisten KSV Köllerbach mit der Begründung: „Es ist eine Zeit, in der ich einmal nicht an meine Familie denken muss.“

Natürlich hat der Ukrainer immer Heimweh nach seiner Frau und der dreijährigen Tochter, wenn er für seinen Sport unterwegs ist. Doch das ist nicht der Hauptgrund für den Schwermut des Köllerbacher Publikumslieblings. „Wir wohnen in Kiew, da ist es relativ sicher und ruhig“, erzählt der 28-Jährige: „Aber meine Familie stammt eigentlich aus Donezk. Dort wird immer noch geschossen. Jeden Tag. Ich versuche immer, in Kontakt mit meinen Eltern zu bleiben. Aber telefonieren ist nicht immer einfach. Ich mache mir große Sorgen.“ Der Konflikt der Ukraine mit Russland war lange aus den Schlagzeilen verschwunden, jetzt ist er wieder auf der Agenda. Mit Khotsianivskyi bekommt er auch im Saarsport ein Gesicht.

Der Freistil-Spezialist war in diesem Jahr viel unterwegs. „Ringen ist mein Beruf“, sagt er: „Ich habe mit zehn Jahren angefangen.“ Viel Zeit und Arbeit hatte er in die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaften in diesem Jahr investiert, dann war allerdings früh Schluss. Das soll mit dem KSV in dieser Saison nicht passieren. „Ich werde einfach alles dafür tun, dass wir am Ende deutscher Meister sind. Ich werde kämpfen bis zum Umfallen, aufstehen und weiterkämpfen“, sagt der Ukrainer mit tiefer Überzeugung in der Stimme und ernstem Blick. Dann lächelt er freundlich und ergänzt: „Dafür bin ich doch da. Und in Köllerbach fühle ich mich fast so wie zuhause. Die Menschen sind sehr nett zu mir, und ich möchte ihnen dafür etwas zurückgeben – mit guten Leistungen und Siegen.“

Ein besonders enges Verhältnis hat Khotsianivskyi zu Gennadij Cudinovic, der für die Köllerbacher in der Klasse bis 98 Kilogramm Freistil kämpft. „Für uns schwere Jungs ist es immer ein Problem, gute Trainingspartner zu finden“, sagt der Ukrainer: „Gena und ich arbeiten oft miteinander, davon profitieren wir beide. Und es macht unglaublich viel Spaß.“ Auch dem deutschen Nationalringer. „Oleksandr ist unglaublich schnell, teilt gerne sein Wissen über Techniken“, sagt Cudinovic: „Auch wenn er im Kampf aussieht, dass man ihm im Dunkeln nicht alleine begegnen möchte, ist er ein freundlicher und zuvorkommender Mensch. Ein richtig guter Typ.“

In der Vorrunde waren der KSV und Khotsianivskyi bislang selten gefordert worden. Seine Kämpfe in der Klasse bis 130 Kilo Freistil hat der 1,91 Meter große und etwa 110 Kilo schwere Athlet allesamt vorzeitig gewonnen. Dabei war er mit manchem doch überforderten Gegner noch nahezu behutsam umgegangen. „Man muss auch vor solchen Sportlern Respekt haben. Das sind keine schlechten Jungs, aber es ist halt Vorrunde“, sagt der Köllerbacher: „Ich freue mich, wenn bald die richtigen Gegner kommen.“

Einen Vorgeschmack dürfte der KSV am kommenden Samstag im Spitzenkampf der Bundesliga-Gruppe Südwest bekommen, wenn der Tabellenzweite aus dem Saarland ab 19.30 Uhr beim TuS Adelhausen, dem Spitzenreiter aus dem Schwarzwald, antreten muss. „Wir fahren dorthin, um zu gewinnen“, sagt Thomas Geid, der Mannschaftsverantwortliche des KSV: „Wir wollen das 10:14 aus dem ersten Duell wettmachen, damit wir als Erster der Vorrunde in die Playoffs gehen können.“ Dann würden dem KSV im Viertelfinale die ganz schweren Gegner wie Burghausen oder Heilbronn erspart bleiben – wobei das Khotsianivskyi egal ist. Er ist nur froh, auf der Matte stehen zu können.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort