Ringer Gennadij Cudinovic Das Mentalitätsmonster will Tokio erobern

Heusweiler · Ringer Gennadij Cudinovic hat seit seinem Gewichtsklassen-Wechsel einen Schritt nach vorne gemacht. Das will er bei Olympia beweisen.

 Ringer Gennadij Cudinovic (Mitte, oben) wird beim AC Heusweiler auf Händen getragen. Der ganze Verein ist stolz auf seinen Olympia-Teilnehmer.

Ringer Gennadij Cudinovic (Mitte, oben) wird beim AC Heusweiler auf Händen getragen. Der ganze Verein ist stolz auf seinen Olympia-Teilnehmer.

Foto: Andreas Schlichter

Das Monster Godzilla hat in vielen Filmen Japan in Angst und Schrecken versetzt. Jetzt macht sich ein anderes „Ungeheuer“ auf den Weg nach Asien. Auf seiner Baseball-Mütze steht „Mentalitätsmonster“. Spätestens mit der Qualifikation für die Olympischen Spiele von Tokio hat Ringer Gennadji Cudinovic vom AC Heusweiler bewiesen, dass er genau das ist.

Der Polizeibeamte, dem alle Experten ein außergewöhnliches Gefühl für seinen Sport bescheinigen, hat mit dem Wechsel in die höhere Gewichtsklasse eindrucksvoll gezeigt, dass er neue Wege wagen und konsequent zu Ende gehen kann. „Ich musste ja nie wirklich viel Gewicht machen“, sagt der 26-Jährige, der von 98 Kilo Freistil in die 125-Kilo-Klasse aufgestiegen ist: „Aber ich war immer schlecht gelaunt, wenn ich nicht richtig essen und trinken durfte. Ich war immer bedrückt. Jetzt habe ich mein Arbeitsgewicht von 106, 107 Kilo – und alles ist gut.“

Ein weiterer Grund für die Ausgeglichenheit von Cudinovic ist die ausgezeichnet verlaufende Vorbereitung. Musste er vorm Qualifikations-Wettkampf noch etliche Trainingsmaßnahmen absagen, weil sein Arbeitgeber ihn Pandemie-bedingt nicht freistellen wollte und konnte, gab es auf dem Weg nach Japan keine weiteren Stolpersteine. Am 27. Juli geht der Flieger, am 5. August ist der erste Wettkampftag.

„Ich konnte fast sieben Monate am Stück trainieren. Die Vorbereitung war hart, konditionell bin ich fit. Im Trainingslager in Kiew haben wir jetzt den Feinschliff gemacht“, sagt Cudinovic, der mit dem Köllerbacher Andrij Shyyka einen besonderen Menschen als Unterstützung hat: „Wir haben ein ganz enges Verhältnis, er ist immer für mich da. Er kennt mich genau, weiß, wie man die Belastung steuern muss. Am 5. August hat er Geburtstag, weit kommen wäre ein tolles Geschenk.“

Einer seiner starken Konkurrenten in Tokio, sein ehemaliger Köllerbacher Teamkollege Aleksandr Khotsianivski, wurde mit einem Auftritt im ukrainischen Staatsfernsehen zu den Spielen verabschiedet. Das zeigt den Stellenwert des Ringkampfsports in Osteuropa. Doch auch „Genna“ bekam seinen „Bahnhof“. Verantwortliche und Teamkollegen vom AC Heusweiler verabschiedeten ihren Olympia-Teilnehmer. „Der letzte, der aus unserem Verein bei Olympia dabei war, war Klaus Scherer in den Fünfziger Jahren“, erinnert sich der AC-Vorsitzende Bernd Weiland: „Wir werden alle vorm Fernseher sitzen und Genna die Daumen drücken.“ 1000 Euro für die Reisekasse gab es obendrauf.

Statt „Gorillas Heusweiler“ heißt Cudinovics Mannschaft aber nun „Team Deutschland“. Doch so weit ist der Saarländer noch nicht. „Ganz ehrlich: Das ist bei mir noch gar nicht so angekommen. Vielleicht wenn ich mit Bundestrainer Jürgen Scheibe am Flugplatz stehe und noch andere Sportlerinnen und Sportler da sein werden. Natürlich vertritt man sein Land und auch die Olympia-Mannschaft. Aber diesen Gedanken habe ich jetzt irgendwo noch nicht. Am Ende muss jeder auch für sich kämpfen und das Optimale herausholen.“

Cudinovic ist der einzige männliche deutsche Freistilringer, der sich für die Spiele qualifizieren konnte. Bei den Frauen, die ja nur in der freien Stilart antreten, werden Aline Rotter-Focken und Anna Schell dabei sein. Favoriten bei den ganz schweren Jungs sind andere im 16-köpfigen Starterfeld. Der Georgier Geno Petriashvili zum Beispiel, Taha Akgul aus der Türkei oder doch Khotsianivski. „Ich mache mir keinen Druck. Denke auch nicht über die Bedingungen vor Ort nach. Wenn man fokussiert auf der Matte ist, ist es egal, ob draußen Leute schreien. Ich weiß ja nicht, wie andere Olympische Spiele waren, es sind ja meine ersten“, sagt „Genna“. Und doch hat das Mentalitätsmonster einen Traum: „Man muss ehrlich zu sich selbst sein. Es gibt ein paar Gegner, die man eigentlich nicht schlagen kann. Unter die ersten Fünf kommen, das wäre gigantisch – und ein Medaillenkampf mit Sascha Khotsianivski ein Traum.“

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