Rendezvous mit den Wurzeln
Montréal · Für die deutsche Nationalspielerin Celia Sasic sind Frankreich-Duelle auf Grund ihrer Wurzeln immer speziell. Vor dem Viertelfinal-Spiel morgen lässt die Stürmerin die Frage, zu welchem Verein ihr Weg führen wird, offen.
In Montréal blüht Celia Sasic auf. "Dieses Flair, so viel auf Französisch zu lesen, zu hören - da fühle ich mich direkt wohl", sagte die Fußball-Nationalstürmerin über ihre Eindrücke von der lebhaften Millionenmetropole in der kanadischen Provinz Québec. Dort steht für die deutsche Mannschaft das WM-Viertelfinale am morgigen Freitag (22 Uhr/ZDF und Eurosport) gegen den Mitfavoriten Frankreich an - und Sasic zwangsläufig im Blickpunkt. Als ihr auf der ersten Pressekonferenz vor dem Aufeinandertreffen die obligatorische Frage nach ihrer Mutter gestellt wird, lacht die Torjägerin: "Jetzt habe ich 200 Euro gewonnen. Ich habe gewettet, dass ich alle Fragen beantworten kann, bevor ich sie gehört habe."
Die Mama Französin, der Vater aus Kamerun - dem in Bonn geborenen Multikulti-Lockenschopf, der bei der Titel-Mission der deutschen Auswahl in Kanada bereits fünf Tore erzielte, ist beim Duell mit Frankreich dennoch die familiäre Unterstützung sicher: "Da sind die Sympathien klar verteilt. Alle halten zu mir und zur deutschen Mannschaft - selbst die, die in Frankreich leben." Sie selbst hält große Stücke auf die "auf allen Positionen stark besetzte" französische Mannschaft. Zu Elodie Thomis pflegt sie zudem seit langem eine Freundschaft. "Wir schreiben uns zwischendurch. Aber auf dem Platz nehmen wir darauf keine Rücksicht", sagte die Schwiegertochter des ehemaligen Trainers des 1. FC Saarbrücken , Milan Sasic. Bis zur Hochzeit mit Ehemann und Sasic-Sohn Marko im August 2013 trug sie den Nachnamen Okoyino da Mbabi.
Die selbstbewusste Stürmerin gehört mit 108 Länderspielen und 62 Toren zu den erfahrenen Stützen der jungen deutschen Mannschaft und ist auf Grund ihrer Eloquenz in der deutschen, französischen und englischen Sprache auch bei ausländischen Reportern eine beliebte Gesprächspartnerin. Sie spricht dann schnell, viel und offen - bis Fragen nach ihrer Zukunft gestellt werden.
Denn ab dem 30. Juni ist die in Koblenz lebende Bundesliga-Torschützenkönigin vertragslos. Ihre Option auf ein weiteres Jahr beim Champions-League-Sieger 1. FFC Frankfurt ließ sie verfallen und sorgte damit für Spekulationen. Geht sie ins Ausland? Womöglich nach Frankreich? Legt sie eine Pause ein? Hört sie ganz auf? Sasic blockt alles Nachbohren ab: "Ich will mich nur auf diese WM konzentrieren, für alles andere ist in meinen Gedanken kein Platz."
Für die Zeit nach dem Fußball hat sich die zweimalige Europameisterin mit einem Studium der Kulturwissenschaften gerüstet. Ihre Abschlussarbeit muss sie noch schreiben, die Fachrichtung steht: Antike Philosophie. Was die berufliche Zukunft angehe, ist sie aber noch unentschlossen. "Ich bin niemand, der sich auf eine Sache festlegt oder in eine Schublade passt. Ich interessiere mich für sehr viele Sachen", sagte Sasic und wünscht sich "Zeit, um mich auszuprobieren".
Doch zunächst liegt der Fokus voll auf dieser Weltmeisterschaft, auf diesem speziellen Duell gegen Frankreich. Noch dazu kurz vor einem besonderen Datum für Sasic. Am Samstag, dem Tag nach dem Viertelfinale, feiert sie ihren 27. Geburtstag. Und den möchte sie nicht im Flieger nach Deutschland verbringen.
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Am RandeJapan hat bei der Frauenfußball-Weltmeisterschaft in Kanada durch einen 2:1 (1:0)-Sieg gegen die Niederlande das Viertelfinale erreicht. Der Titelverteidiger trifft am Samstag auf Australien. Saori Ariyoshi (10. Minute) und Mizuho Sakaguchi (78.) trafen für den Weltmeister, Kirsten van de Ven (90.+2) gelang der Anschlusstreffer. Mit der Niederlage haben die Niederlande die direkte Olympia-Qualifikation als einer der drei besten europäischen WM-Teilnehmer verpasst. Weil auch Norwegen und Schweden im Achtelfinale ausgeschieden waren, müssen die drei Länder im Frühjahr den dritten europäischen Olympia-Starter ermitteln. Deutschland und Frankreich sind für Olympia qualifiziert. England ist als Einzelverband nicht startberechtigt. sid