Fußball-Regionalliga China-Kracher oder Rohrkrepierer?

Saarbrücken · Die Olympia-Auswahl aus dem Reich der Mitte soll außer Konkurrenz in der Fußball-Regionalliga Südwest mitspielen.

 Hier hat die Idee der Aufstockung der Regionalliga Südwest ihren Ursprung. Berlin, im November 2016: Der stellvertretende chinesische Bildungsminister Hao Ping und der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes Reinhard Grindel geben sich im Beisein der chinesischen Vize-Premierministerin Liu Yandong die Hand.

Hier hat die Idee der Aufstockung der Regionalliga Südwest ihren Ursprung. Berlin, im November 2016: Der stellvertretende chinesische Bildungsminister Hao Ping und der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes Reinhard Grindel geben sich im Beisein der chinesischen Vize-Premierministerin Liu Yandong die Hand.

Foto: dpa/Rainer Jensen

  Wenn in Peking ein Radel umfalle, interessiere ihn das nicht. So ähnlich hat Franz Beckenbauer das in grauer Vorzeit mal gesagt. Mittlerweile dürfte sich die Weltsicht des deutschen Fußballkaisers gewandelt haben. Durch die Globalisierung ist China überall eine Wirtschaftsmacht. Doch im Fußball besteht Nachholbedarf. Da will das Reich der Mitte bis 2030 in die Weltspitze vordringen.

Dieser sportliche Ehrgeiz könnte nun Auswirkungen auf die SV Elversberg, den 1. FC Saarbrücken und Röchling Völklingen haben. Sie sollen in der neuen Saison in der Regionalliga Südwest gegen eine Mannschaft aus China antreten. So plant es der Deutsche Fußball-Bund (DFB). Das heißt: Fällt im Saarland ein Tor, dürfte das bald auch in Peking registriert werden.

Der DFB unterstützt die Aufbauarbeit des chinesischen Verbandes bereits seit über zehn Jahren. Im November 2016 fixierten die Verbände eine umfangreiche Kooperation, an der sich neben der Deutschen Fußball-Liga auch die Regierungen beider Länder beteiligen (siehe Info). Zu dieser Zusammenarbeit gehört ein Plan, von dem die Öffentlichkeit gestern erfuhr: Eine U20-Auswahl der Asiaten soll die 4. Liga kennenlernen – als 20. Mannschaft, außer Konkurrenz, zur Vorbereitung auf die Sommerspiele 2020 in Tokio.

„Alle 19 Clubs der Liga haben ihre Zustimmung signalisiert“, erklärte Regionalliga-Geschäftsführer Felix Wiedemann. Positiv äußerte sich auch DFB-Vize Hans-Dieter Drewitz, zugleich Präsident des Fußball-Regionalverbandes Südwest: „Solche Farbtupfer sind doch bereichernd. Zudem ist das Ganze für den Spielbetrieb interessant – und aufgrund der finanziellen Zuwendungen, die es geben soll, für die Vereine auch attraktiv.“

Bisher bestand die Regionalliga Südwest aus 19 Mannschaften. Aufgrund dieser ungeraden Zahl hat jede zwei Mal spielfrei. An diesen Terminen könnten die Partien gegen die Chinesen stattfinden – ausschließlich Heimspiele, da der Gast aus Fernost natürlich nur auswärts antritt. Für ihren Aufwand sollen die Clubs 15 000 bis 20 000 Euro erhalten. „Für unseren Verein wäre das auf jeden Fall eine willkommene zusätzliche Einnahmequelle“, sagt Trainer Günter Erhardt von Aufsteiger Völklingen: „Sportlich weiß ich nicht, ob das Ganze Sinn macht.“

Roland Seitz, Sportvorstand der SV Elversberg, meint: „Die Entschädigung ist in Ordnung. Es gibt viele Clubs, die das Geld gut gebrauchen können“. Ansonsten sagt er: „Ich sehe das noch neutral, es weiß ja noch keiner genau, wie stark die Chinesen sind und was das für Spiele werden.“ Sein Saarbrücker Kollege, Marcus Mann, findet die Idee „außergewöhnlich“. Daher meint er: „Man sollte sie vielleicht nicht am ersten Tag gleich kaputtreden.“ Der FCS erwägt, die Heimspiele nicht in Völklingen auszutragen, sondern im FC-Sportfeld.

Sowohl in Elversberg als auch in Saarbrücken blickt man jedoch mit Skepsis auf den Terminplan. „Fällt so ein Spiel gegen die Chinesen auf einen Mittwoch einer englischen Woche, glaube ich nicht, dass die Stammelf spielen wird“, erklärt Seitz. Ähnliches hört man von Mann. Süffisant reagiert FCS-Vize Dieter Ferner: „Ich gerate förmlich in Ekstase vor Begeisterung. Aber ernsthaft: Wir haben jetzt schon 36 Spiele, dazu Saarland- und DFB-Pokal. Also, was soll das?“

Fix ist das Gastspiel der Chinesen, die ihr Quartier nahe Heidelberg aufschlagen wollen, noch nicht. In der Regionalliga Südwest würden sie in ein schwieriges Umfeld geraten. Mit Hessen Kassel musste erneut ein Verein zum Insolvenzgericht. Absteiger FK Pirmasens versucht, durch eine Beschwerde noch in der Liga zu bleiben. Die Pfälzer wären liebend gerne die 20. Mannschaft, die nun aus China kommen soll. Doch: Diese Nebenschauplätze dürften für die Verantwortlichen in Peking so interessant sein wie ein Radel, das umfällt.

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