American Football Rechenspiele – oder am besten zwei Siege

Neunkirchen · Um die Relegation zu vermeiden, benötigt Football-Bundesligist Saarland Hurricanes morgen einen Heimsieg gegen die Allgäu Comets.

„Wir haben gute Chancen, es weit zu bringen.“ Das war Charles Clays Prognose, als er sich Anfang der Saison American-Football-Bundesligist Saarland Hurricanes angeschlossen hatte. Das ist jetzt vier Monate und zwölf Spiele her – und die Realität sieht wohl komplett anders aus, als sich der Amerikaner das erhofft hatte.

Mit 4:20 sind die Hurricanes Tabellenletzter und müssen in den verbleibenden beiden Partien zwingend punkten, um der Abstiegsrelegation noch zu entkommen. Die erste Möglichkeit dazu haben sie am morgigen Samstag um 17 Uhr, wenn der Fünfte Allgäu Comets im Neunkircher Ellenfeldstadion zu Gast ist. Bei einer Niederlage ist ein Sieg bei den Stuttgart Scorpions in der Folgewoche Pflicht, bei einem Sieg oder Unentschieden würde den Canes gegen die Scorpions eine Punkteteilung reichen.

„In diesen beiden Spielen müssen wir noch mal einen Zahn zulegen. Es gibt jetzt keine Ausreden mehr, die Jungs müssen alles geben und cleveren, guten Football spielen. Dann schaffen wir das auch“, sagt Clay und blickt auf sein erstes Jahr im europäischen Football zurück: „Natürlich ist die ganze Situation eine Enttäuschung, ich habe mir auch persönlich mehr von meiner Zeit in Deutschland erhofft. Wir haben nicht annähernd das erreicht, was wir erreichen wollten. Oft war auch Pech dabei, aber unterm Strich war das sowohl auf als auch neben dem Platz eine harte Saison.“

Mit nur zwei gewonnenen Partien, der zweifachen Verletzung von Quarterback Alexander Haupert und dem Rausschmiss von Cheftrainer Tom Smythe war diese Spielzeit der Hurricanes tatsächlich die ereignisreichste der vergangenen Jahre. Auch Darius Marmol Carmona, seit 17 Jahren im deutschen Football unterwegs und vor der Saison von Absteiger Mannheim gekommen, hat sich die Saison anders vorgestellt. „Anhand der Zugänge und der Qualität des Trainerstabs hatte ich uns schon gute Chancen für die Playoffs ausgerechnet“, sagt Marmol Carmona, der zugibt, dass er sich vor der Saison keinem Verein angeschlossen hätte, der als Abstiegskandidat gilt.

„Wir sind gut in die Saison gestartet – die beiden Siege am Anfang waren für mich ein Zeichen, dass es erfolgreich werden kann. Als wir dann aber 0:50 gegen Schwäbisch Hall verloren haben, waren wir plötzlich in einer Situation gefangen, aus der wir bis heute nicht rausgekommen sind. Je mehr wir versuchen, das Ganze zu verbessern, desto schlimmer wird’s. Ich hoffe, dass beim Allgäu-Spiel kurz vor Schluss nochmal der Knoten platzt, damit der Verein auch nächstes Jahr erste Liga spielt.“

Beim Hinspiel in Kempten vor drei Wochen (18:27) hatten die Saarländer bereits gute Ansätze gezeigt und eins der besseren Spiele gemacht. Dazu kamen in den vergangenen Tagen mehrere Motivationsübungen und Zusatztrainings. „Es gibt diese Kerngruppe an Spielern in unserer Mannschaft, die am Ende den Unterschied ausmachen kann“, zeigt sich Charles Clay optimistisch: „Wir hatten in dieser Saison einige Spiele, in denen wir gut drauf waren, aber es nicht geschafft haben zu punkten. Und dann hat es manchmal an der Chemie auf dem Platz oder an der Tiefe im Kader gefehlt. Das muss sich jetzt nochmal ändern – wir müssen einfach kämpfen.“

Sollten es die Hurricanes tatsächlich nicht schaffen, treffen sie am 16. und 30. September auf den Meister der 2. Bundesliga – zuerst zuhause, dann auswärts. Dort teilen sich zurzeit die Ravensburg Razorbacks und die Kirchdorf Wildcats die Tabellenführung, treffen zum Saisonende aber nochmal aufeinander. Beides sind keine Übermannschaften – der Klassenverbleib scheint für den Abstiegskandidaten der 1. Liga wahrscheinlicher als in den vergangenen Jahren. Daneben gibt es noch Rechnereien, wie die Canes bei Punktgleichheit in der Liga bleiben könnten. Sollten sie gegen Allgäu verlieren und danach in Stuttgart gewinnen, wären die Saarländer mit Stuttgart und München Stand jetzt zusammen Schlusslicht. Die Liga würde dann eine Dreiertabelle aufstellen, in der München wegen des direkten Vergleichs in die Relegation müsste. Bei einem Sieg gegen Allgäu und einer Niederlage in Stuttgart wären die Hurricanes ebenfalls mit München punktgleich, würden dann im direkten Vergleich allerdings Letzter sein.

 Charles Clay (in Rot), der hier Zoran Sisak von den Ingolstadt Dukes wegläuft, hatte sich seine erste Saison bei den Saarland Hurricanes ganz anders vorgestellt. Statt um die Playoffs spielt das Team gegen den Abstieg.

Charles Clay (in Rot), der hier Zoran Sisak von den Ingolstadt Dukes wegläuft, hatte sich seine erste Saison bei den Saarland Hurricanes ganz anders vorgestellt. Statt um die Playoffs spielt das Team gegen den Abstieg.

Foto: Andreas Schlichter

„Wichtig ist, dass wir jetzt nicht den Kopf hängen lassen“, sagt Darius Marmol Carmona, der im Abstiegsfall sein geplantes Karriereende noch mal überdenken würde: „Wir haben ein sehr junges Team, das aufgrund seines Alters auch voller Energie ist. Ich habe letztes Jahr schon mal einen Abstieg mitgemacht, aber das hier ist anders – die Jungs sind frischer und spielen schon seit Jahren zusammen. Jetzt sollten wir schauen, dass wir alle mit einem guten Gefühl aus der Saison gehen.“

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