Vor Champions-League-Spiel gegen Pilsen Real Madrid in einer historischen Krise

Madrid · Der Champions-League-Sieger hat vier seiner letzten fünf Spiele verloren. Trainer Julen Lopetegui steht vor dem Aus.

 Gareth Bale (links) kann es nicht fassen. Im Hintergrund greift sich auch Real-Kapitän Sergio Ramos an den Kopf. Nach der Niederlage gegen UD Levante brennt bei Real Madrid der Baum.

Gareth Bale (links) kann es nicht fassen. Im Hintergrund greift sich auch Real-Kapitän Sergio Ramos an den Kopf. Nach der Niederlage gegen UD Levante brennt bei Real Madrid der Baum.

Foto: dpa/Shot for pr

Nach Real Madrids peinlichem Negativ-Rekord hagelte es Spott für Julen Lopetegui. Eine Fotomontage im Netz zeigte den Trainer der kriselnden Königlichen vor dem Arbeitsamt. Auch eine in Spanien bekannte Online-Jobbörse machte sich einen Spaß aus Lopeteguis heikler Lage. Spanische Sporttageszeitungen wie AS oder Marca spekulierten bereits über mögliche Nachfolger des 52-Jährigen.

Lopetegui, der erst im Sommer auf Erfolgstrainer Zinedine Zidane gefolgt war, steht bei Real nach zuletzt vier Niederlagen aus fünf Spielen und einer anhaltenden Torflaute nicht nur stark in der Kritik, sondern schon vor dem Aus. Am dritten Spieltag der Champions-League-Gruppenphase am heutigen Dienstag gegen Außenseiter Viktoria Pilsen (21 Uhr/DAZN) ist ein Sieg Pflicht, um den Druck vom angezählten früheren spanischen Nationaltrainer zu nehmen. Es dürfte nur das erste von mehreren Schicksalsspielen sein.

Lopetegui verantwortet eine tiefe sportliche Krise, die am vergangenen Wochenende ein historisches Ausmaß angenommen hatte. Beim 1:2 (0:2) gegen UD Levante stellte Real einen clubinternen Negativ-Rekord auf: Nie in der ruhmreichen 116-jährigen Geschichte des Vereins hat Madrid länger auf ein Tor warten müssen (480 Minuten). Der Anschlusstreffer des Brasilianers Marcelo (72. Minute) kam zu spät, um die zuvor längste Durststrecke von 465 Minuten aus der Saison 1984/1985 zu unterbieten. Der Abschied von Torgarant Cristiano Ronaldo im Sommer wiegt sehr viel schwerer als vermutet.

Lopetegui wehrte sich gegen die aufkeimende Trainerdebatte. Seine Zukunft bei Real sei „das Letzte“, woran er denke: „Mein einziger Gedanke ist, wie ich die Spieler aufbauen kann. Ich bin hochmotiviert und glaube mehr denn je an dieses Team.“ Rückendeckung erhielt er von seinen Spielern. „Wir gehen für den Trainer durchs Feuer“, sagte Marcelo. Kapitän Sergio Ramos versicherte: „Julen hat den Rückhalt der gesamten Kabine.“

Wie lange der mächtige Club-Präsident Florentino Perez noch hinter Lopetegui steht, bleibt abzuwarten – zumal über das baldige Aus des Trainers schon heftig spekuliert wird. Nach dem Spiel gegen Pilsen tritt Real am kommenden Sonntag zum Clasico beim FC Barcelona an. Eine Niederlage beim Erzrivalen und Tabellenführer würde in Madrid, das als Siebter der Primera Division sogar aus den internationalen Plätzen gerutscht ist, ziemlich sicher personelle Folgen haben.

Rund um das Estadio Santiago Bernabeu kursieren längst prominente Namen. Antonio Conte etwa, zuletzt beim FC Chelsea angestellt, steht angeblich als Nachfolger hoch im Kurs. Die besten Karten hat aber wohl ein weitgehend Unbekannter im Trainergeschäft. Santiago Solari (42) betreut Reals Nachwuchsteam Castilla – und das ziemlich erfolgreich. Die B-Mannschaft Madrids ist hervorragend in die Saison gestartet und nach neun Spielen noch ungeschlagen.

 Trainer Julen Lopetegui steht unter Druck.

Trainer Julen Lopetegui steht unter Druck.

Foto: dpa/Uncredited

Zudem dürften dem Argentinier die Parallelen zu Zidane in die Karten spielen. Solari und das französische Mittelfeld-Genie liefen einst gemeinsam für Real auf. Und auch Zidane betreute die Castilla, bevor er im Januar 2016 Rafael Benitez als Cheftrainer beerbte und anschließend drei Mal nacheinander die Champions League gewann. Präsident Perez wird es ganz sicher nicht vergessen haben.

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