Rauball will Blatter-Rücktritt

Frankfurt. Fifa-Exekutivmitglied Theo Zwanziger hat mit Bestürzung auf das Ausmaß der Korruptionsaffäre im Fußball-Weltverband reagiert, Ligapräsident Reinhard Rauball fordert sogar den Rücktritt von Fifa-Boss Joseph Blatter. Deutschlands Fußball-Spitzenfunktionäre sind auf Konfrontationskurs zum umstrittenen Fifa-Präsidenten gegangen

Frankfurt. Fifa-Exekutivmitglied Theo Zwanziger hat mit Bestürzung auf das Ausmaß der Korruptionsaffäre im Fußball-Weltverband reagiert, Ligapräsident Reinhard Rauball fordert sogar den Rücktritt von Fifa-Boss Joseph Blatter. Deutschlands Fußball-Spitzenfunktionäre sind auf Konfrontationskurs zum umstrittenen Fifa-Präsidenten gegangen."Nach dem derzeitigen Stand sollte Sepp Blatter seine Amtsgeschäfte schnellstmöglich in andere Hände geben. Für einen Reformprozess braucht die Fifa jemanden, der gewillt ist, einen Neuanfang zu machen", sagte Rauball der Tageszeitung "Die Welt" (Samstag). Blatter habe, wenngleich auch erst deutlich später, Kenntnis von den Geldbewegungen gehabt. "Deshalb hat er die Sorgfaltspflicht gegenüber den Mitgliedsverbänden nicht erfüllt", begründete Rauball seine Forderung.

Auch Zwanziger äußerte sich entsetzt über die öffentlich gewordenen Details der Schmiergeldaffäre. "Ich muss ehrlich zugeben, es bedrückt mich sehr, was ich dort lesen musste", sagte Zwanziger nach dem intensiven Studium der Akten und forderte neben Konsequenzen für Ehrenpräsident Joao Havelange auch eine rückhaltlose Aufklärung.

"In der Einstellungsverfügung sind viele Informationen enthalten, die von unabhängiger Seite nochmals überprüft werden müssen. Auch unter ethischen und moralischen Gesichtspunkten. Ohne Rücksicht auf Namen, Nationalitäten oder was auch immer", sagte Zwanziger am Freitag und fügte hinzu: "Gleiches gilt übrigens auch für die WM-Vergaben nach Katar, Russland und alle weiteren Dinge, um die sich viele Gerüchte ranken." Nur wenn all dies von unabhängiger Seite aufgearbeitet werde, "kann der Reformprozess bei der Fifa, den ich aus Überzeugung mitgestalte, glaubhaft und schlussendlich erfolgreich sein", erklärte Zwanziger. Diese Position will der frühere Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am kommenden Dienstag bei der Sitzung des Exekutivkomitees in Zürich vehement vertreten.

Anders als Blatter verurteilte Zwanziger die zwischen 1989 und 2001 vom mittlerweile insolventen Medien- und Marketingunternehmen ISMM/ISL geleisteten Provisionszahlungen an hochrangige FIFA-Funktionäre, von denen lediglich der langjährige FIFA-Boss Havelange und dessen brasilianischer Landsmann Ricardo Teixeira namentlich bekannt sind. "Auch wenn die Zahlungen der ISL an Funktionäre der Fifa und anderer Sportverbände zur damaligen Zeit juristisch nicht oder nur schwer strafbar gewesen sind, so sind sie unter ethischen Gesichtspunkten einfach unanständig. Gerade für einen Verband, der in seiner Satzung das Gebot des Fair-Play verankert hat. Denn aus moralischer Sicht waren Schmiergelder schon immer Schmiergelder!", sagte Zwanziger. Blatter, der erst als Generalsekretär und ab 1998 als Präsident die Geschicke der Fifa maßgeblich bestimmt, hatte die Zahlungen verharmlost. "Ich kann nicht von einem Delikt gewusst haben, welches keines war", erklärte der Schweizer Fifa-Präsident.

Auch in der Causa Havelange ging Zwanziger auf Distanz zu Blatter. "Natürlich hat der Fifa-Präsident recht, wenn er sagt, dass Herrn Havelange seine Ehrenpräsidentschaft nur durch den Fifa-Kongress aberkannt werden kann. Ich bin aber der Meinung, dass dieser Weg aufgrund der nunmehr bekannten Sachverhalte begangen werden muss", forderte Zwanziger.

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