Rassismus ist „zum Verzweifeln“

Moskau · ZSKA Moskau muss wegen rassistischer Fans im Champions-League-Heimspiel gegen Bayern München heute (18 Uhr) vor leeren Rängen spielen. Kein Einzelfall im Land der Fußball-Weltmeisterschaft 2018.

Sie gratulieren Adolf Hitler zum Geburtstag, schwenken Hakenkreuzfahnen oder bewerfen dunkelhäutige Spieler mit Bananen. Und sie werden einfach nicht klug. Der russische Fußball hat ein massives Problem mit rassistischen Fans , bis hinauf zu Meister ZSKA Moskau . Dass Bayern München dort heute (18 Uhr/Sky) in der Champions League vor leeren Rängen spielen muss, ist den Anhängern der Hauptstädter geschuldet. Die fielen in der jüngeren Vergangenheit mehrfach mit Schmähgesängen auf, andernorts werden Banner mit SS-Runen oder Ku-Klux-Klan-Mützen gezeigt. Woche für Woche. Und das in einem Land, das 2018 die nächste WM ausrichten soll.

"Mich erschüttert das immer wieder", sagt der frühere Nationalspieler Kevin Kuranyi zu den Problemen in seiner Wahlheimat. Kuranyi spielt seit 2010 bei Dynamo Moskau . Es sei "zum Verzweifeln. Die dummen Leute kriegst du nicht los". Das trifft insbesondere auf ZSKA zu. Weil Fans im Oktober 2013 im Champions-League-Spiel gegen Manchester City den ivorischen Nationalspieler Yaya Touré rassistisch beleidigten, wurde ZSKA für das Duell mit den Bayern am 27. November 2013 mit einer Blocksperre belegt. Am 10. Dezember 2013 im letzten Gruppenspiel bei Viktoria Pilsen wurden die Anhänger erneut auffällig, weshalb die Uefa ZSKA mit einer Platzsperre für das erste Heimspiel 2014/2015 belegte.

Und der nächste Fall ist bereits anhängig. Zum Auftakt der aktuellen Runde war es am Rande des 1:5 der Moskowiter bei AS Rom zu schweren Krawallen gekommen, das Spiel musste für zwei Minuten unterbrochen werden. Auch Roma-Fans randalierten, obwohl auch sie es besser wissen müssten: 2004 musste ihr Verein bereits zweimal vor leeren Rängen spielen. Das Uefa-Urteil wird für 3. Oktober erwartet.

"Ich bin wütend, es ist immer das Gleiche", sagte Touré im vergangenen Jahr. Deshalb kündigte er mit Blick auf die WM an: "Wenn wir uns nicht sicher fühlen, kommen wir nicht." Dass die WM trotz der Probleme nicht woanders ausgetragen wird, stellte Fifa-Präsident Joseph S. Blatter umgehend klar. "Wir können Rassismus nur im Fußball bekämpfen, nicht das gesellschaftliche Problem lösen", sagte er, kündigte aber härtere Strafen gegen betroffene Clubs an.

Kuranyi hält deshalb Geisterspiele wie jetzt bei ZSKAMoskau für notwendig. Zudem bräuchte es mehr Zivilcourage: "Seinem Nachbarn auf der Tribüne zu sagen, er solle seinen Mund halten, wenn er mit Affenlauten anfängt, wäre ein erster großer Schritt."

Zumindest heute Abend wird es keine Anfeindungen von Seiten der ZSKA-Fans geben können, die Arena Chimki bleibt leer. "Wir müssen uns der Situation anpassen, aber sie ist schon ein bisschen komisch. Das habe ich noch nie erlebt, und das ist auch hoffentlich das letzte Mal", gestand Trainer Pep Guardiola, der zur Aufstellung seiner Mannschaft keine Details preisgeben wollte.

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