Rätseln um Schweinsteiger

München · Am Samstag läuft Bayerns neuer Millionen-Kicker Douglas Costa erstmals in die Münchner Arena ein. Bei der Teampräsentation des Meisters dürften die über 70 00 Fans aber besonders auf einen alten Bekannten blicken, über dessen Zukunft heftig gerätselt wird.

An Louis van Gaal erinnert sich in München nicht jeder gerne. Thomas Müller schon, ebenso Arjen Robben - und auch Bastian Schweinsteiger . Der streitbare van Gaal bewirkte in seinen knapp zwei Jahren als Trainer des FC Bayern einen entscheidenden Entwicklungsschub beim heutigen Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Es war van Gaal, der Schweinsteiger Ende 2009 von der Außenbahn ins Zentrum des Mittelfelds an die Seite von Mark van Bommel versetzte und damit einen Volltreffer landete. Schweinsteiger reifte dort zum Weltklassespieler.

"Es kam mir entgegen, dass der Trainer mich dort einsetzt, wo ich meine Stärken habe - in der Mitte", dankte Schweinsteiger später van Gaal. Auch Bundestrainer Joachim Löw zog nach; und bei der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika avancierte Schweinsteiger nach dem Ausfall von Kapitän Michael Ballack im Zentrum zum Anführer und "emotionalen Leader" (Löw) der deutschen Elf, die Dritter wurde.

Selbst der damalige Präsident Uli Hoeneß lobte van Gaal, den er ein Jahr später feuerte, für den Positionswechsel, der Schweinsteiger zum Führungsspieler wachsen ließ. "Der heißt für mich nicht mehr Schweini, der heißt Bastian. Er ist ein Mann geworden", äußerte Hoeneß seinerzeit über das Eigengewächs, das seit dem 14. Lebensjahr das Bayern-Trikot trägt und dessen Namen die Bayern-Fans mit dem Zusatz "Fußball-Gott" rufen.

Nun lockt Van Gaal die Bayern-Ikone angeblich nach England, zu Manchester United . Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung (Freitag) bietet der englische Topclub dem 30-jährigen einen lukrativen Zweijahresvertrag an. Schweinsteiger auf die Insel? Schweinsteiger weg vom FC Bayern? Das schien lange unvorstellbar. Doch undenkbar ist das ein Jahr vor Auslaufen von Schweinsteigers Vertrag beim deutschen Meister nicht mehr. Karl-Heinz Rummenigge berichtete, dass er aus einem Telefonat mit dem Vize-Kapitän herausgehört habe, "dass es ihm schon schmeichelt, dass aus England gewisses Interesse an ihm da ist".

Am Samstag nehmen auch die Nationalspieler wie Schweinsteiger, Jérôme Boateng oder Robert Lewandowski nach dem Urlaub wieder das Training auf. Bei der offiziellen Teampräsentation wird unter anderem Bayerns neuer Millionen-Kicker Douglas Costa erstmals in die Allianz Arena einlaufen, die Blicke der über 70 000 Fans werden sich aber sicherlich auch besonders auf die Vereins-Ikone Schweinsteiger richten. Wie werden die Anhänger reagieren? Entscheidend aber ist: Was will Schweinsteiger? Und wie plant Pep Guardiola? Der Trainer hat den Vize-Kapitän bislang stets spielen lassen, wenn er fit war. Aber Schweinsteiger durfte zuletzt nur selten da spielen, wo er sich am wohlsten fühlt, direkt vor der Abwehr. Da ist er nur noch in der Nationalelf gesetzt, und auf der Sechser-Position möchte er Deutschland 2016 zum EM-Titel führen.

Vielleicht gewährt Schweinsteiger am ersten Arbeitstag der Saison 2015/16 Einblicke in seine Überlegungen, seine Pläne, seine Ziele? Er könnte eine neue Herausforderung beim einstigen Förderer van Gaal suchen - oder im breit und prominenten besetzten Mittelfeld des FC Bayern um seinen Status als Stamm- und Führungskraft kämpfen.

Meinung:

Schweinsteigers Dilemma

Von SZ-RedakteurMichael Kipp

Wenn Schweinsteiger will, kann er gehen. Dieses Gefühl vermitteln zumindest die Aussagen von FCB-Chef Rummenigge. Große Verdienste habe Schweini. Er könne deshalb machen, was er wolle. Was Rummenigge nicht sagt: Basti ist eine Ikone, die der Verein jetzt und in Zukunft braucht. Nicht Lahm, nicht Thiago, nicht Ribéry, nicht Robben - er ist der Fußballgott aller Bayernfans. Warum schweigt auch Trainer Pep Guardiola überzeugende Worte aus? Warum ist Schweini nicht "subba, subba und unverkäuflich", wie es sonst so gerne heißt? Weil er mehr Geld will? Verletzt, über 30 Jahre alt? Blödsinn.

Das Geld aus einem neuen Vertrag braucht er nicht mehr. Sich fußballerisch beweisen? Muss er nicht mehr. Umso schwerer müssen diese Tage für Schweini sein. Festzustellen, dass Guardiola und sein Steigbügelhalter Rummenigge ihn nur noch dulden - aber nicht mehr brauchen - bitter. Dabei will er doch nur einen heldenhaften Abgang nach der EM. Im Bayern-Trikot.

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