Radikaler Schnitt in Frankreich

Paris · Frankreichs Fußball hat angesichts der zunehmenden Masse an Spielen einen radikalen Schnitt im Spielplan vorgenommen. Alles wird auf den Kopf gestellt. In Deutschland ist das so massiv noch nicht vorgesehen.

Die französische Fußball-Profiliga geht bei der Spielplan-Gestaltung neue Wege. "Wir konnten den Spiegel-Spieltag wie in Deutschland - Spieltag 1 gleich Spieltag 18 mit dem Rückspiel - nicht mehr aufrecht erhalten. Wir mussten andere Lösungen finden", sagt Bernard Caiazzo, Vizepräsident der Liga und Aufsichtsratsvorsitzender von AS St. Etienne. Dazu gehört, dass in Zukunft Vereine vier Mal pro Saison verpflichtet werden können, zwei Heim- oder zwei Auswärtsspiele hintereinander auszutragen (in der Bundesliga zwei Mal). Das führt dazu, dass Clubs zwei Mal pro Saison drei Auswärtsspiele bei nur einem Heimspiel bestreiten müssen.

Der Terminkalender in Frankreich ist mit 20 Vereinen (vier Spieltage mehr als in Deutschland), einem Liga-Pokal und dem Verbands-Pokal unglaublich überladen. Um die Wünsche aller Vereine , der Polizei und des Fernsehens unter einen Hut zu bringen, hat sich die Liga zu der radikalen Änderung in der Spielplan-Gestaltung entschlossen.

Das größte Problem ist dabei Canal plus. Der Pay-TV-Sender, der allein 427 Millionen Euro für die Fernsehrechte bezahlt, darf dafür zehn Top-Spiele an einem Sonntagabend ansetzen. Für Europapokalwochen (sechs in der Gruppenphase) oder Länderspiel-Blockaden (drei im letzten Herbst) fallen solche Sonntage aber aus. So rigide ist der Fernsehvertrag in Deutschland nicht. Sky hat derzeit das Recht für sechs Spiele, um daraus das Top-Spiel zu machen (drei Heim-, drei Auswärtsspiele). Das sind allerdings Partien, die sowieso schon für einen Samstag angesetzt waren - es geht nur noch um die Zeitverschiebung. Außerdem sind Risikospiele wie Dortmund gegen Schalke ausgeschlossen, weil die Polizei wünscht, dass diese im Hellen beendet werden.

Offiziell will sich bei der Deutschen Fußball Liga (DFL ) niemand zu der neuen französischen Variante äußern. Die neue Ausschreibung der Fernsehrechte wird derzeit noch mit dem Kartellamt abgestimmt. Allerdings erfuhr der Sportinformationsdienst, dass an dem Spiegel-Spieltag grundsätzlich festgehalten werden soll. Aufgrund der massiven Beteiligung der Bundesliga an den Europapokalen wurden allerdings schon vor einiger Zeit fünf zusätzliche Sonntags- und fünf zusätzliche Montagsspiele pro Saison ins Spiel gebracht, um klar zu kommen.

Am kommenden Sonntag spielt St. Etienne gegen Lyon, und Caiazzo fragt sich, ob das Spiel nach den Ausschreitungen vom 8. November beim 3:0-Sieg von Lyon im Derby nicht zu rasch kommt.

Ein Sonderwunsch jedenfalls wurde AS St. Etienne erfüllt. Am letzten, dem 38. Spieltag, haben die Grünen ein Heimspiel. Da wollen sie ihre Niederlage im Europapokal-Endspiel gegen die Bayern 1976 in Glasgow "feiern" (0:1). Das Torgestänge, gegen das St. Etienne einen Lattentreffer erzielte, steht schon im Museum des Vereins.

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