"Pyrotechnik ist kein Verbrechen"Derby im Schatten der Chaoten

Herr Rodenbüsch, ist Pyrotechnik ein Verbrechen?Jörg Rodenbüsch: Ich bin kein Jurist. Aber unter Verbrechen verstehe ich etwas anderes. Insofern ist es kein Verbrechen

 FCK-Fans brannten am vergangenen Mittwoch beim DFB-Pokal-Spiel bei Eintracht Frankfurt (1:0) im Fanblock Pyrotechnik ab. Ein Phänomen, dass derzeit durch die Liga lodert. Foto: Dedert/dpa

FCK-Fans brannten am vergangenen Mittwoch beim DFB-Pokal-Spiel bei Eintracht Frankfurt (1:0) im Fanblock Pyrotechnik ab. Ein Phänomen, dass derzeit durch die Liga lodert. Foto: Dedert/dpa

Herr Rodenbüsch, ist Pyrotechnik ein Verbrechen?Jörg Rodenbüsch: Ich bin kein Jurist. Aber unter Verbrechen verstehe ich etwas anderes. Insofern ist es kein Verbrechen.

Monatelang war das Feuerwerk aus den Stadien verschwunden? Warum ist es wieder zurück?

Rodenbüsch: Das war absehbar, als durchgesickert war, dass die Gespräche zwischen Ultra-Vertretern und DFB/DFL abgebrochen wurden. Die Ultra-Gruppierungen waren davon überzeugt, dass sie in einem ernsthaften Dialog eine gemeinsame Lösung zur Pyrofrage erarbeiten könnten.

Zumal sie bei Beginn der Verhandlungen auch versprachen, ihrerseits das Abrennen von "Pyros" an den ersten drei Spieltagen zu unterbinden. Das Versprechen hielten sie ein, dennoch brach der DFB laut Ultras die Verhandlungen ohne weitergehende Begründung ab?

Rodenbüsch: Die Art und Weise dieses Dialogs und vor allem dessen Beendigung, konnten die Ultras nur als Missachtung und Ignoranz werten. Dass sie daraufhin nicht mehr gewillt und in der Lage waren, Pyro-aktionen in ihren Blocks zu blockieren, ist nicht überraschend und war zu befürchten.

Ist die Ultra-Taktik, mit vermehrten Einsatz von "Pyro" darauf zu reagieren, eine sinnige?

Rodenbüsch: Die Ultras glauben nicht mehr an einen ernsthaften Umgang mit ihnen. Wie sollen die moderaten Kräfte in ihren Reihen denn nun ihren Leuten erklären, dass es weiterhin Sinn macht auf einen lösungsorientierten Dialog zu setzen. Die Form des einseitigen Abbruchs durch die Verbandsvertreter hat den Ultra-Vertretern jegliches Mandat in ihrer Szene beraubt. Dieser Eskalationsschritt kann also niemanden überraschen. Über die Sinnhaftigkeit hier zu philosophieren, ist vergebens.

Es heißt, Pyrotechnik sei gefährlich, der Rauch sei gar gesundheitsschädlich. Warum setzen Sie sich denn dafür ein, dass zum Beispiel Saarbrücker Fans legal "Pyros" abrennen dürfen?

Rodenbüsch: Nicht nur ich, sondern auch die Ultra-Vertreter aus Saarbrücken setzen sich dafür ein, dass Pyrotechnik auch ohne Gesundheitsgefährdung eingesetzt werden kann. Gerade der Einsatz ohne gemeinsam getroffene Rahmenbedingungen aller Verantwortlichen fördert gefährliche Auswüchse der Pyrotechnik. Dessen sind sich auch die Ultras bewusst. Wenn in einem ernsthaften Dialog aller Verantwortlicher eine Lösung erarbeitet wird, die auch die Aspekte Sicherheit und Gesundheitsgefährdung berücksichtigt, werden die gefährlichen Aspekte dieses Stilmittels eingedämmt. Darum setze ich mich dafür ein.

Wie weit waren denn die Vorbereitungen für den legalen Einsatz von "Pyros" gediehen?

Rodenbüsch: In Gesprächen mit den Stadioneigentümern, der Polizei und Ultravertretern waren wir uns im Grunde nach einig, dass am Standort Saarbrücken kontrolliertes und damit legales Abbrennen möglich sein könnte. Wir wollten diese Überlegungen in ein Konzept fassen und als Modellvorschlag der Öffentlichkeit und dem Deutschen Fußballbund präsentieren.

Warum sieht man "Pyros" meist nur in Gäste-Blöcken?

Rodenbüsch: Meistens gibt es in den Heimkurven individuell getroffene Absprachen mit Verein, Polizei und Fanbetreuung. Diese Absprachen basieren auf erlebten Vertrauen und einem Miteinander. Das setzt man nicht so einfach aufs Spiel.

Was wird an den Wochenenden in den Stadien passieren?

Rodenbüsch: Es ist damit zu rechnen, dass es weiter kracht und brennt. Und es ist damit zu rechnen, dass weiterhin nicht differenziert damit umgegangen wird und man sich in der Empörung ergötzt.Frankfurt. Der Frust bei Eintracht Frankfurts Vorstandschef Heribert Bruchhagen nach dem von Krawallen begleiteten Aus im DFB-Pokal gegen Erstligist 1. FC Kaiserslautern saß tief. Auch sein FCK-Kollege Stefan Kuntz konnte sich angesichts der unschönen Begleitumstände nicht so recht freuen. Mindestens ein Schwerverletzter, acht verletzte Polizisten und neun Festnahmen - so lautete die Bilanz nach dem Südwestderby, bei dem der Fußball im Schatten der Chaoten stand.

"Es muss einen Dialog geben, um diese gewaltbereiten Fans auszugrenzen. Das Thema wird uns noch lange beschäftigen. Es ist ermüdend, aber wir geben nicht auf", sagte Bruchhagen.

Auch Kuntz fand klare Worte. "Es ist unverständlich, dass diese Leute einerseits von uns den Fortbestand des Namens Fritz-Walter-Stadion fordern, andererseits aber die Werte und die Tradition, die Fritz Walter verkörpert hat, mit Füßen treten", kritisierte der FCK-Chef Randalierer aus den eigenen Reihen. Fans aus den Lagern beider Clubs hatten am Mittwochabend auf dem Weg zum Stadion mit Flaschen, Böllern und Steinen geworfen. Vor der Arena des Zweitligisten Frankfurt kam es zu gezielten Attacken gewaltbereiter Eintracht-Fans gegen die Polizei, die Schlagstöcke und Pfefferspray einsetzte. Zudem wurde am Bahnhof eine Person auf noch ungeklärte Weise vor einen einfahrenden Zug gestoßen. Im Stadion brannten FCK-Anhänger Feuerwerkskörper und Bengalische Feuer ab. "Ich befürchte eine empfindliche Geldstrafe", sagte Kuntz nach dem 1:0-Sieg nach Verlängerung durch das Tor von Richard Sukuta-Pasu in der 119. Minute. dpa

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