Prassen ohne Limit

Peking · Erst einer der bestbezahlten Spieler der Welt, dann der bisher teuerste Wintertransfer: Mit astronomischen Summen lockt Chinas Super League immer mehr Fußball-Stars nach Fernost. Westliche Vereine schlagen Alarm.

Was verschlägt einen Fußball-Star wie den Argentinier Ezequiel Ivan Lavezzi in die ostchinesische Küstenstadt Qinghuangdao? Die Schwerindustrie sowie der größte Kohle-Hafen des Landes machen die Stadt nicht gerade zu einem Luftkurort. Auch der Startpunkt der Chinesischen Mauer in der Nähe oder gebratene Garnelen, für die Qinghuangdao auch bekannt ist, werden wohl nicht der Grund für Lavezzis Lust auf China sein.

Aber vielleicht das schwindelerregende Gehalt, das sein Verein Hebei Fortune dem 31-Jährigen seit seinem Wechsel von Paris Saint-Germain zahlt. Laut Medienberichten, zu denen sich Hebei Fortune nicht äußern will, verdient Lavezzi in China pro Woche 578 000 Euro , 150 000 Euro mehr als Cristiano Ronaldo bei Real Madrid . Damit wäre der Argentinier einer der bestbezahltesten Spieler der Welt.

Und Lavezzi ist in guter Gesellschaft. Mehr als vier Milliarden Yuan (540 Millionen Euro ) zahlten chinesische Clubs in diesem Jahr für 95 ausländische Spieler, wie Chinas "Volkszeitung" berichtet. Neue, lukrative Fernsehverträge sowie zahlungskräftige Konzerne als Sponsoren sorgen dafür, dass die Vereine so aberwitzige Summen für ausländisches Wissen zahlen können.

Etwa für den belgischen Nationalspieler Axel Witsel, der von Zenit St. Petersburg in die Super League zu Aufsteiger Tianjin Quanjian wechselt - und dafür eine Offerte von Juventus Turin ausgeschlagen hat. "Es war eine sehr schwere Entscheidung. Auf der einen Seite ein Topclub wie Juventus und auf der anderen Seite ein Angebot, das ich für meine Familie nicht ablehnen konnte", sagte der Mittelfeldspieler der Zeitung "Tuttosport". Witsel soll einen Dreijahresvertrag unterschrieben haben und in diesem Zeitraum rund 60 Millionen Euro kassieren.

Erst vergangene Woche war der brasilianische Nationalspieler Oscar dem Lockruf des großen Geldes aus Fernost gefolgt: Der 25-Jährige soll bei Shanghai SIPG mehr als 21 Millionen Euro im Jahr kassieren. Der FC Chelsea soll dafür mehr als 70 Millionen Euro Ablöse erhalten haben - der bislang teuerste Wintertransfer.

Schon zuvor hatte Shanghai Oscars Landmann Hulk für rund 56 Millionen Euro verpflichtet. Alex Teixeira, Ramires, der Ivorer Gervinho. Sie alle spielen mittlerweile in China - die Liste lässt sich noch lange fortsetzen, und Clubs im Westen schlagen Alarm.

Auch Lavezzis Landsmann Carlos Tevez wechselt nach China. Der Club Shanghai Shenhua verpflichtete den 32-Jährigen für zwölf Millionen Euro von den Boca Juniors aus Buenos Aires. Auch er soll ein Gehalt in zweistelliger Millionenhöhe pro Saison kassieren. Zu den Umworbenen soll auch Lukas Podolski (Galatasaray Istanbul ) gehören.

Die neue Finanzkraft der Super League sei eine "globale Gefahr" für den Fußball, warnte Chelseas Trainer Antonio Conte, nachdem er Oscar ziehen lassen musste. Ausgerechnet die mit Geld um sich werfenden Premier-League-Clubs fühlen sich also bedroht.

Allerdings gibt es erste Anzeichen dafür, dass die Millionen künftig dosierter fließen werden. Chinas Präsident Xi Jinping ist zwar selbst ein großer Fußball-Fan und träumt von einem WM-Titel für sein Land. Gegen überzogene Gehälter und Ablösesummen will die Regierung nun aber offenbar trotzdem vorgehen. In einem Kommentar schrieb das Parteiorgan "Volkszeitung" kürzlich, dass die Millionen für ausländische Stars eine echte "Graswurzel-Bewegung" in Chinas Fußball verhindern würden.

Die Qualifikation für die WM 2018 ist praktisch schon passé. Zeitgleich kündigte Chinas Fußball-Verband eine Regeländerung an: Künftig sollen nur noch drei statt wie bisher vier ausländische Spieler pro Verein gleichzeitig auf dem Platz stehen dürfen.

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