Portrait Jens Albrecht (SG Hassel) Er kennt die Clubs wie seine Westentasche

Hassel · Jens Albrecht (39), Spielertrainer beim SG Hassel hat in seiner Karriere schon für viele Vereine im Saarland gespielt. Da kommt einiges an Erinnerungen zusammen.

 Jens Albrecht (Mitte) im Kreis seiner Mannschaftskameraden beim Aufwärmen. Der Spielertrainer fühlt sich bei der SG Hassel, die derzeit die Bezirksliga-Tabelle anführt, pudelwohl.

Jens Albrecht (Mitte) im Kreis seiner Mannschaftskameraden beim Aufwärmen. Der Spielertrainer fühlt sich bei der SG Hassel, die derzeit die Bezirksliga-Tabelle anführt, pudelwohl.

Foto: Stefan Holzhauser

Bezirksliga-Spitzenreiter SG Hassel kann auch im Hinblick auf die kommende Saison mit dem bisherigen Trainerteam planen. Jens Albrecht bleibt Spieler-, André Rörsch Co-Trainer und Christian Bur Torwart-Trainer.

Bis zum zweiten Lockdown hatten die Hasseler Fußballer 18 Punkte geholt und liegen damit knapp vor der FSG Parr-Altheim (16 Zähler) sowie der ASV Kleinottweiler (15). Und die zweite Mannschaft der SG Hassel ist in der Kreisliga B Homburg verlustpunktfrei Vierter, wobei das Tabellenbild extrem verzerrt ist.

Albrecht ist 39 Jahre alt und mit 13 Treffern der Top-Torjäger der Bezirksliga Homburg. Auf Rang zwei folgen mit je acht Buden Benedikt Baudy (SG Ommersheim-Erfweiler-Ehlingen), Nico Offermanns (SV Bliesmengen-Bolchen II), Milos Jankovic (SV Kirkel) sowie Marco Wolf (FSG Parr-Altheim). Der Heimatverein von Albrecht ist der SV Gersweiler. In der D-Jugend folgte der Wechsel zum SV Klarenthal, da in Gersweiler diese Altersklasse nicht mehr angeboten wurde. In Klarenthal ging es bis zur B-Jugend weiter. Kurioserweise wurde der spätere Torjäger mit Ausnahme der F-Junioren-Phase in der Abwehr eingesetzt. „Deswegen laufe ich heute noch mit der Rückennummer fünf herum. Ich war früher Libero“, meint Albrecht.

Da es in Klarenthal keine A-Jugend gab, habe es zwei Alternativen gegeben: Ein Wechsel zum 1. FC Saarbrücken oder im Heimatverein SV Gersweiler aktiv zu spielen. Die Entscheidung fiel auf Gersweiler. „Die hatten damals Landesliga gespielt. Das war zwei Klassen höher als es jetzt ist. Ich hatte vor dem Abitur gestanden und wollte außerhalb vom Fußball etwas mit meinen Freunden machen. In Saarbrücken hätte ich in diesem Jugendbereich fast täglich auf dem Platz gestanden“, blickt der heute 39-Jährige zurück. Er ging davon aus, mittelfristig der zweiten Mannschaft anzugehören. Doch dann zog sich Spielertrainer Martin Fiannaca in der Vorbereitung eine schwere Knieverletzung zu. Er avancierte zum Entdecker von Albrecht und warf ihn zusammen mit anderen Talenten bei der Ersten ins kalte Wasser.

Albrecht lief zunächst im rechten Mittelfeld auf und versuchte, seinen Spielertrainer so gut es ging zu ersetzen. Ab der zweiten Aktivensaison in Gersweiler hatten einige Tore dafür gesorgt, dass Albrecht im Angriff eingesetzt wurde. Von 1998 bis 2001 spielte er in Gersweiler in der Landesliga und trug zuweilen die Kapitänsbinde. Die nächste Station war der SV Röchling Völklingen, wo der damalige Trainer und wenig später verstorbene Rudi Kappés „quasi mein zweiter Entdecker wurde. Als er 2002 zusammen mit seiner Tochter Mona bei einem Verkehrsunfall an der Goldenen Bremm ums Leben kam, war das gleichzeitig das traurigste Erlebnis meiner Laufbahn“, betont Albrecht. Man schloss zwar die Saison in der Verbandsliga, der damals höchsten landesweiten Klasse, souverän auf Platz eins ab, doch es flossen immer wieder Tränen. „Das war eine sehr emotionale Geschichte. Unser Trainer war ein Freund von uns allen und hat einfach nur für den Fußball gelebt. Er war beim Training nicht da gewesen. Und nach dem Training hatte sich herausgestellt, dass er in diesen Unfall verwickelt war“, sagt Hassels heutiger Spielertrainer.

Albrecht hielt Röchling bis 2003 die Treue. In der letzten Saison in der Oberliga liefen an seiner Seite Spieler wie Markus Hummel und Aljoscha Persch auf, von denen Albrecht „sehr viel lernen konnte“. Er schloss sich für sieben Jahre dem 1. FC Riegelsberg an. Von daher sei dieser Verein auch schon so etwas wie die sportliche Aktivenheimat gewesen. Einmal wurde man in der höchsten saarländischen Liga Vize-Meister, wobei es aber noch keine Relegation wie heute gab. Es zog Albrecht zurück zum Heimatverein SV Gersweiler, der bis in unterste Klasse abgestiegen war. Er blieb die Runde 2010/11. Nach Platz zwei wurde das Entscheidungsspiel gegen Merzig verloren. Albrecht wechselte wieder nach Klarenthal. „Das war nach dem verpassten Aufstieg mit Gersweiler aus der ersten Emotion heraus aber nur eine Zwischenlösung. Von daher bin ich 2012 wieder nach Gersweiler zurück und blieb bis 2016. Wir sind gleich von der A-Klasse bis in die Landesliga durchmarschiert. In den beiden letzten Jahren konnten wir uns im oberen Drittel der Landesliga festsetzen“, erinnert sich der heute 39-Jährige.

Der SG Hassel kam zu Gute, dass sich Albrecht im Ort häuslich niederließ. 2016 fiel der Entschluss, sich dem Bezirksligisten aus dem neuen Heimatdorf anzuschließen. „Man lebt hier den Verein, was mir von Anfang an richtig gut gefallen hat. Wir konnten immer um die Plätze fünf, sechs mitspielen. 2018 kam aber noch einmal die Anfrage von Gersweiler, das in der Landesliga oben angreifen wollte. Die Entscheidung fiel mir nicht leicht. Aber ich wollte eben meinem Heimatverein noch einmal helfen“, erklärt Albrecht. Über die Relegation gelang der Aufstieg. Aber es sei klar gewesen, nach einem Jahr nach Hassel zurückzugehen, als die SGH einen Trainer suchte. Er fühle sich im Club aus seinem Wohnort „richtig wohl“. Und rein sportlich stimme die Weiterentwicklung, wobei auch die Mischung zwischen erfahrenen Akteuren, Jungs im besten Fußballalter und jungen Wilden optimal sei.

Er erwarte in der Bezirksliga Homburg weiter an der Spitze spannende Duelle und hoffe nach Wiederbeginn bei der SG Hassel auf ein schnelles Umschaltspiel von der Defensive in die Offensive. „Und ich selbst muss mittlerweile etwas mehr machen als ein 20-Jähriger, um in meinem Alter fit zu bleiben – auch wenn ich nur wenig Verletzungspech hatte“, betont Hassels Spielertrainer.

Seine Aktivenbilanz ist beeindruckend: 698 Pflichtspiele (Pokal und Liga) mit 548 Toren. Dennoch gelte es für ihn, genau so wie für jeden anderen Spieler auch, sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen. „2003 durfte ich mit Völklingen im Saarlandpokal-Viertelfinale gegen den 1. FC Saarbrücken aus der dritthöchsten Liga antreten. Ich durfte von Beginn an ran und habe sogar vor 1500 Zuschauern in Völklingen das 1:0 erzielt. Am Ende gab es für uns einen verdienten 3:2-Erfolg“, blickt Albrecht auf „mein persönliches Highlight-Spiel“ zurück. Eine tolle Erinnerung sei auch 2008 das Freundschaftsspiel mit Riegelsberg gegen den 1. FC Kaiserslautern gewesen. Albrecht führte als Kapitän den 1. FCR auf den Platz. Mit Gersweiler als Heimatverein drei Mal aufzusteigen, sei auch klasse gewesen. Dagegen war der Aufstieg mit Völklingen in die Oberliga „äußerst emotional – mit dem Tod des Trainers. Danach wollten wir es aber alle für ihn sportlich positiv zu Ende bringen.“

In seiner knapp bemessenen Freizeit drückt Hassels Trainer dem deutschen Rekordmeister FC Bayern München die Daumen und ist sogar seit 1996 Vereinsmitglied. Albrecht ist auch des Öfteren Fan im Stadion und erlebte unter anderem das „Finale dahoam“ hautnah mit, als sich die Bayern 2012 zu Hause im Champions-League-Finale dem FC Chelsea mit 3:4 nach Elfmeterschießen beugen mussten. Ein Jahr später war die Trauer aber bereits wieder vergessen, als Albrecht auch ins Wembley-Stadion nach London anreiste und den 2:1-Finalerfolg seiner Bayern gegen Borussia Dortmund sah. „Ich war auch schon mit den Bayern unter anderem in Turin und Mailand und komme viel europaweit durch den Fußball herum“, betont der 39-Jährige. Es gibt aber noch einen zweiten Herzensverein des Angreifers. Und dabei handelt es sich mit dem 1. FC Saarbrücken genau um den denjenigen Club, für den Albrecht in der Jugend fast aufgelaufen wäre und den er später aus dem Pokal schoss.

Zu Hassels Abteilungsleiter David Ranko verbindet Jens Albrecht ein inniges Verhältnis.

Zu Hassels Abteilungsleiter David Ranko verbindet Jens Albrecht ein inniges Verhältnis.

Foto: Stefan Holzhauser
Das Markenzeichen von Jens Albrecht bleibt die Rückennummer fünf.

Das Markenzeichen von Jens Albrecht bleibt die Rückennummer fünf.

Foto: Stefan Holzhauser

„In Hassel haben wir den FCS-Fanclub ‚Sadomasos’ gegründet. Im ersten Drittliga-Spiel im umgebauten Ludwigspark waren wir genau so vor Ort wie zuvor oft auswärts. Der Fanclub startete mit acht Mann, jetzt sind wir um die 30“, sagt Albrecht und ergänzt: „Extrem wichtig ist es aber auch für mich, Zeit mit meiner Familie zu verbringen.“ Dazu gehören Ehefrau Cathrin sowie die Töchter Louisa und Greta – und Hund Leo. „Sonntags werde ich meist von der gesamten Familie unterstützt, eingeschlossen meinen Eltern, der Patentante und des Patenonkels. Hinzu kommt, dass mein Co-Trainer André Rörsch und Abteilungsleiter David Ranko auch privat sehr gute Freunde sind. Zwischen dieses Dreiergespann passt kein Blatt Papier. Das sind zwei tolle Menschen, die auf und neben dem Platz die gleiche Philosophie wie ich verfolgen. Ich werde hoffentlich noch viele Jahre bei der SG Hassel bleiben“, meint Albrecht abschließend.

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