Nationaltrainer Planloser DFB ohne Alternative zu Löw

München · In der Diskussion um einen möglichen Nachfolger für Bundestrainer Joachim Löw hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) keine echten Kandidaten. Zum einen, weil sie wie Jürgen Klopp, Thomas Tuchel oder Christian Streich aus verschiedenen Gründen nicht infrage kommen.

Zum anderen, weil der DFB alles auf die Karte Löw setzt. Reinhard Grindel und seine Präsidiumskollegen warten in der Frankfurter Zentrale sehnsüchtig auf das „Ja“ aus Löws Rückzugsort Freiburg. Einen Plan B? Gibt es nicht.

Nur eine knappe Stunde dauerte am Freitag die Telefonkonferenz des Präsidiums, immerhin ein 18-köpfiges Gremium mit meinungsfreudigen Vertretern wie BVB-Präsident Reinhard Rauball oder DFL-Chef Christian Seifert. „Es herrschte schnell Einigkeit“, sagte einer, der dabei war, „ganz ohne Aufregung.“ Löw sei der Richtige für den Neuaufbau, hieß es eilig – fertig. Seitdem liegt der Ball bei Löw (58), der aus DFB-Sicht besser heute als morgen entscheiden soll.

Wie passt das zu Grindels Aussage, jetzt sei eine „schonungslose Analyse“ gefragt, das historische Vorrunden-Aus bei der WM müsse „Konsequenzen“ haben? An Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff wäre es zum Beispiel, einen möglichen Nachfolger zu suchen. Aber der DFB hat sich Löw und Bierhoff ausgeliefert. Löws Tendenz geht dahin, weiterzumachen. Nach zwölf Jahren mit WM-Triumph und Confed-Cup-Sieg will er nicht als Verlierer gehen. „So nicht, das kann es nicht gewesen sein“, laute sein Motto, zitiert der kicker aus Löws Umfeld. Das hieße: Löw selbst müsste die „tiefgehenden Maßnahmen und klaren Veränderungen“ durchsetzen, die er angekündigt hatte.

Schon nach dem Halbfinal-Aus bei der EM 2016 hatten Löw und Bierhoff eine grundlegende Aufarbeitung angekündigt. Die überraschende Erkenntnis: Alle Parameter offenbarten, dass Deutschland das beste Team des Turniers gewesen sei, das Aus mithin unerklärlich. Die Folge: Ein „Weiter so!“, das ins WM-Desaster führte. Auch diesmal gäbe es genügend Anhaltspunkte, das Fiasko schönzufärben. 72 deutsche Torschüsse sind Rekord in der WM-Vorrunde. Die DFB-Elf hatte 72 Prozent Ballbesitz und eine Passquote von 88,5 Prozent – beide Werte sind besser als beim Titelgewinn 2014. Und sie spielte sogar mehr Pässe in den gegnerischen Strafraum als alle anderen Mannschaften.

Doch die Daten zeigen auch, wo die größten Probleme liegen: Im Abschluss und im Umschaltspiel. Nur zwei Tore – kein Team traf weniger oft, nicht einmal Neuling Panama. Kein WM-Teilnehmer hatte eine schwächere Chancenverwertung. Und: Pro Partie wurden durchschnittlich 51 Deutsche überspielt – nur Tunesien (53) ließ sich schlimmer übertölpeln.

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