Peps erneuter Müller-Irrtum

Madrid · Als der FC Bayern 2014 im Halbfinal-Hinspiel bei Real Madrid mit 0:1 verlor, hatte Trainer Pep Guardiola schon einmal auf Thomas Müller verzichtet. Gegen Atlético wiederholt sich die Geschichte am Mittwochabend.

Thomas Müller machte halbwegs gute Miene zum bösen Spiel. "Man ist nicht glücklich darüber", sagte der Weltmeister zu seiner Reservistenrolle am Mittwochabend: "Aber für Enttäuschung ist, wenn man als Team erfolgreich sein will, in so einem Moment wenig Platz. Wir sollten da schon schauen, dass wir unsere Emotionen im Griff haben", erklärte der in dieser Saison so zuverlässige Torjäger.

Beim 0:1 im Hinspiel des Champions-League-Halbfinales gegen Atlético hatte Bayern-Trainer Pep Guardiola ihn und auch den Franzosen Franck Ribéry überraschend nicht von Beginn an aufgestellt - und mit diesem Personaltableau eine Angriffsfläche geboten. Am drastischsten brachte der frühere Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld die allgemeine Verwunderung über die Offensivbesetzung im Estadio Vicente Calderón zum Ausdruck. "Das ist für mich eine riesige Überraschung. Müller ist für Bayern wie Messi für Barcelona", erklärte Hitzfeld in seiner Funktion als Sky-Experte: "In ganz wichtigen Spielen sind die fast nicht zu ersetzen. Aber Guardiola ist ein mutiger Trainer."

Mutig ja, glücklich nicht. Guardiola wollte das Spiel gegen einen Gegner, der Angriffspressing betreibe und tief verteidige, "breit machen". Dafür war aus seiner Sicht ein Linksfuß auf dem linken Flügel nötig (Douglas Costa) und ein Rechtsfuß auf der Gegenseite (Kingsley Coman). Außerdem wollte er einen Mittelfeldspieler mehr aufbieten. So war für Ribéry und Müller aus Guardiolas Sicht bis weit in die zweite Spielhälfte hinein kein Platz in der Bayern-Mannschaft.

Louis van Gaal , der Entdecker von Thomas Müller , sagte einmal einen schönen Satz: "Müller spielt immer." Das galt schon, als Müller 20 war, ein Jungprofi und noch nicht Weltmeister. Mit 26 aber ist Müller ein Anführer, ein gereifter Star, dem der 19-jährige Coman vorgezogen wurde. Guardiola musste doch wissen, dass Müller auch Rechtsaußen spielen kann. Da, wo Bundestrainer Joachim Löw ihn in der Regel in der Nationalmannschaft aufbietet. Jene Position, auf welcher Müller mit den Jahren zum Weltstar gereift ist.

So wichtig wie Lionel Messi ? Der Hitzfeld-Vergleich mag überzogen wirken, aber Müllers Funktion im Bayern-Team 2016 ist in der Tat vergleichbar. Acht Tore in elf Spielen hat er in der laufenden Königsklassen-Saison erzielt. Er war es, der die Bayern beim dramatischen Achtelfinalsieg gegen Juventus Turin mit seinem Kopfballtor in die Verlängerung und vor dem Ausscheiden bewahrt hatte. Und Müller war in Form: Er hatte die Bayern erst vor einer Woche mit zwei Toren gegen Werder Bremen ins Pokalendspiel gegen Borussia Dortmund befördert.

Schon beim 0:1 im Halbfinal-Hinspiel 2014 bei Real Madrid hatte Guardiola bis zur 74. Minute auf Müller verzichtet. Und im Halbfinale 2015 in Barcelona wechselte er den Angreifer im Hinspiel beim Stand von 0:1 aus. Das Spiel endete 0:3. "Vielleicht gibt es nächste Woche wieder eine neue Option", sagte Guardiola in Madrid.

In München, in der Allianz Arena, wird er kaum erneut auf die Publikumslieblinge Ribéry und Müller verzichten. Davon geht auch Müller aus. "Ich bin schon verärgert, dass wir kein Tor erzielt haben", sagte er in den Katakomben des Atlético-Stadions. Spieler wie er sehen sich jetzt gefragt, um das Endspiel in Mailand doch noch zu erreichen. Aus seinem Frust schöpft er Motivation: "Wir werden in München richtig einen raushauen." Kapitän Philipp Lahm setzt auf seinen besten Kumpel: "Ich bin mir sicher, dass Thomas Müller noch ein Tor macht im Halbfinale."

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Auf einen Blick Bayern-Trainer Pep Guardiola hofft auf eine Rückkehr von Jérôme Boateng im Bundesliga-Spiel gegen Borussia Mönchengladbach an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky). "Ich hoffe, er kann ein paar Minuten spielen", sagte Guardiola nach dem 0:1 im Halbfinal-Hinspiel der Champions League bei Atlético Madrid . Zu der Partie flog Boateng zwar mit, stand aber nach seiner dreimonatigen Verletzungspause wegen einer schweren Muskelverletzung kurzfristig nicht im Aufgebot, obwohl er sich zuvor einsatzbereit gemeldet hatte. Die Bayern können mit einem Sieg gegen Gladbach die vierte deutsche Meisterschaft in Serie perfekt machen. dpa

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