Pechstein hofft auf glückliche Wendung durch sechs Gutachten

Berlin. Ende oder Wende: Die gesamte Sportwelt schaut von diesem Donnerstag an nach Lausanne. Vielleicht stand der Internationale Sportgerichtshof CAS in seinem 25-jährigen Bestehen noch nie vor einer so schweren Entscheidung wie im Fall der fünfmaligen Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein

Berlin. Ende oder Wende: Die gesamte Sportwelt schaut von diesem Donnerstag an nach Lausanne. Vielleicht stand der Internationale Sportgerichtshof CAS in seinem 25-jährigen Bestehen noch nie vor einer so schweren Entscheidung wie im Fall der fünfmaligen Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein. Es geht um die Glaubwürdigkeit des Sports, um die Chancen des Anti-Doping-Kampfes, um das künftige Leben einer Top-Athletin und nicht zuletzt um viele Millionen Euro. Fast vier Monate nach dem Urteilsspruch des Eislauf-Weltverbandes ISU zur zweijährigen Sperre der Berlinerin wegen auffälliger Blutwerte fällen der Italiener Massimo Cocchia sowie die beiden Schweizer Stephan Netzle und Michele Bernasconi ein richtungweisendes Urteil. Die Entscheidung im Präzedenzfall Pechstein wird aber erst kommende Woche erwartet.

Wenige Stunden vor dem Auftakt präsentierte Pechstein-Anwalt Simon Bergmann noch ein Hauptargument seiner Strategie. "Wir haben dem CAS insgesamt sechs medizinische Gutachten vorgelegt. Zwei von ihnen enthalten Befunde, die deutliche Hinweise auf eine natürliche Ursache der schwankenden Retikulozyten liefern", sagte der Anwalt.

Dem "Tagesspiegel" (Donnerstagsausgabe) erklärte er, seine Mandantin soll an einer Hämolyse leiden. Bei dieser Blutabnormalität handle es sich um eine körpereigene Zerstörung der roten Blutkörperchen, die gleichzeitig die Produktion von Retikulozyten erhöht. Manager Ralf Grengel erläuterte, sämtliche Gutachten seien unter riesigem zeitlichen Druck und auch finanziellem Aufwand erstellt und erst zum letztmöglichen Termin beim CAS eingereicht worden. Diese Anstrengungen verwundern nicht. Für die höchstdekorierte Wintersportlerin Deutschlands steht im Chateau de Bethusy nicht nur der Ruf auf dem Spiel, sie stünde bei einer Bestätigung der Sperre vor einem tiefen schwarzen Loch: Die Karriere wäre mit Schimpf und Schande zu Ende, den Beamten-Job bei der Bundespolizei würde sie verlieren, rund 250 000 Euro hätte sie zum Nachweis ihrer Unschuld in den Sand gesetzt.

Daher lässt Pechstein nichts unversucht, dem Sportgericht nachzuweisen, wie schlampig angeblich die ISU handelte, in dem sie gemäß dem seit 1. Januar gültigen Code der Anti-Doping-Agentur Wada als erster Verband eine Athletin nicht aufgrund eines Doping-Nachweises, sondern allein aufgrund von Indizien sperrte. Eine von ihr selbst initiierte und finanzierte Studie bestätigte gravierende Schwankungen bei ihren Retikulozyten-Werten, den Vorläufern roter Blutkörperchen.

"Mir ist völlig unklar, wie der Verband Anklage gegen mich erheben konnte, ohne im Vorfeld anhand weitreichender Untersuchungen eine Blut-Abnormität auszuschließen. Hier wurde grob fahrlässig gehandelt", kritisierte Pechstein das Verfahren. dpa

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