Turnen Schäfer plant die Rückkehr an die Weltspitze

Berlin · Die Weltklasse-Turnerin aus Bierbach tritt bei der deutschen Meisterschaft an allen Geräten an. Die WM in Stuttgart hat sie im Kopf.

 Turnerin Pauline Schäfer trainiert derzeit im Chemnitzer Sportforum – vor allem an ihrem Paradegerät, dem Schwebebalken.

Turnerin Pauline Schäfer trainiert derzeit im Chemnitzer Sportforum – vor allem an ihrem Paradegerät, dem Schwebebalken.

Foto: dpa/Sebastian Willnow

„Ich turne in Berlin seit sehr langer Zeit wieder einen Mehrkampf. Darauf freue ich mich riesig.“ Pauline Schäfer strahlt. Sie ist aufgeregt, wenn sie an ihren Auftritt bei den deutschen Meisterschaften denkt. In der Max-Schmeling-Halle will sich die 22 Jahre alte Nationalturnerin an diesem Wochenende mit der deutschen Spitze messen – und erstmals seit Ende Juni 2018 an allen vier Geräten starten.

Neben dem Kampf um Medaillen hat die Saarländerin ein weiteres, höheres Ziel vor Augen. „Es ist ein wichtiger Zwischenstopp auf dem Weg zur WM. Ich schaue, wo ich stehe“, beschreibt Schäfer den Form-Check auf Top-Niveau. Saisonhöhepunkt ist die Heim-Weltmeisterschaft vom 3. bis 13. Oktober in Stuttgart. „Bis dahin ist noch einiges zu tun. Ich trainiere zwei Mal täglich. Und es gilt, Unsicherheiten abzustellen. Ich bin aber in guter Form“, sieht sich die Ex-Weltmeisterin am Schwebebalken auf Kurs.

Bei der WM 2018 in Doha konnte Schäfer den Titel nicht verteidigen. Eine Fußverletzung war schuld. „An der Kapsel war einiges ein- und angerissen. Ich habe immer noch nicht die volle Flexibilität, und das wird noch dauern“, erzählt sie. Eine Einblutung am Oberschenkel verhinderte im März 2019 beim Weltcup in Stuttgart die Balken-Teilnahme. Im April schaffte es Schäfer bei der EM in Stettin am Paradegerät ins Finale – trotz schwieriger Vorbereitung. Seitdem geht’s aufwärts.

„Ich habe gerade mehr Zeit und Ruhe und kann mich voll auf Turnen konzentrieren. Es läuft gut“, sagt die Bierbacherin. Schwester Helene hat eine ähnlich schwere Phase hinter sich. Nach einer Hüft-Operation im Februar 2018 turnt sich die 18 Jahre alte Junioren-EM-Teilnehmerin zurück an die nationale Spitze. In Berlin ist sie auch dabei. „Helene hat in diesem Jahr zwei Mal die Punkte für den Kader-Platz geschafft. Wir trainieren zusammen und freuen uns riesig auf die gemeinsame DM“, sagt Pauline Schäfer, die seit einem Jahr neue Wege geht.

Nach der Trennung von ihrer langjährigen Trainerin Gabi Frehse arbeitet Schäfer enger mit Bundestrainerin Ulla Koch zusammen und den Männer-Trainern am Chemnitzer Bundesstützpunkt. „Die Trainingssituation hat sich deutlich verbessert. Ich kann befreiter und besser trainieren“, erzählt Schäfer. Für die DTB-Männer zählt die im Rahmen des Multisport-Events „Die Finals – Berlin 2019“ stattfindende Turn-DM als erste WM-Qualifikation. Die Frauen kämpfen erst ab Mitte September um die WM-Tickets und haben weniger Druck.

Druck und leichtes Unbehagen verspürte Schäfer zuletzt wieder bei Rückwärts-Elementen. Seit sie als 13-Jährige im Training auf den Hinterkopf stürzte, hemmt sie eine Blockade. „Ich kämpfe nach wie vor dagegen an. Die Stabilität beim Balkentraining ist aber sehr gut“, sagt sie. Den von ihr kreierten „Schäfer-Salto“ will sie in Berlin zeigen. Steht sie den als schweres E-Element eingestuften Seitwärts-Salto mit halber Drehung auf dem Balken, bringt ihr das einen halben Punkt – und Applaus vom Publikum. Diesmal bestimmt auch von den Fans der anderen neun Sportarten, die in der Bundeshautstadt zeitgleich ihre Meister suchen. 3400 Athletinnen und Athleten kämpfen beim Multisport-Event um 194 Titel.

Pauline Schäfer findet die Idee großartig. „Die mediale Aufmerksamkeit ist groß“, schwärmt sie von der einmaligen Plattform mit olympischen Ausmaßen. Die Olympischen Spiele 2020 sind auch das große Thema bei den kommenden Turn-Weltmeisterschaften. „Wir müssen uns in Stuttgart für Tokio qualifizieren – vor den eigenen Fans. Das ganze Land wird zuschauen. Das ist eine Herausforderung und Neuland für mich“, fiebert Schäfer ihrer ersten Heim-WM entgegen: „Ich weiß noch gar nicht, was da auf mich zukommt. Ich versuche aber, halbwegs ruhig zu bleiben und die Nerven in den Griff zu kriegen. Wir werden die Bude schon rocken – hoffe ich.“

In Stuttgart stehen die Geräte auf Podien. Bei der deutschen Meisterschaft ist es genauso. Pauline Schäfer will die Chance nutzen und sich in Berlin warm turnen. Und wenn dabei die ein oder andere Medaille rausspringt – umso besser. „Rücken und Fuß geht es ganz gut. Was soll also groß schief gehen?“

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