Formel 1 Paradiesvogel und Gesamtkunstwerk

Köln · Der wohl kommende Weltmeister Lewis Hamilton polarisiert und fällt auch gerne abseits der Formel-1-Pisten auf.

 Lewis Hamilton gilt nicht so sehr als der akribische Arbeiter, sondern eher als Lebemann und bunter Vogel im Formel-1-Zirkus. Der Brite fällt auch gerne mal mit extravaganter Kleidung auf.

Lewis Hamilton gilt nicht so sehr als der akribische Arbeiter, sondern eher als Lebemann und bunter Vogel im Formel-1-Zirkus. Der Brite fällt auch gerne mal mit extravaganter Kleidung auf.

Foto: dpa/Vincent Phoon

() Vor einer jeden Saison geht Lewis Hamilton in sich. Dann kehrt er zurück zu seinen Wurzeln, verwandelt sich wieder in den elfjährigen Jungen, der dem mächtigen McLaren-Boss Ron Dennis einst ein selbstbewusstes Versprechen für die Zukunft gab: „Irgendwann werde ich deine Autos fahren.“

Für den schnellsten Mann der Formel 1 sind diese Reisen in die eigene Vergangenheit ein elementarer Bestandteil seines Erfolges. „Es erdet mich, wenn ich dorthin zurückkehre, wo ich hergekommen bin“, sagt der Superstar der Formel 1. Sich mit den Menschen zu umgeben, die ihn seit seiner frühesten Kindheit begleiten, garantiert dem Exzentriker, „dass ich mich dem Hype um meine Person nicht hingebe“.

Diese Aufregung befeuert er allerdings ganz gerne selbst. Es gibt nur wenige Stellen an Hamiltons Körper, die nicht von Tattoos oder Piercings bedeckt sind, neueste Errungenschaft ist ein gar nicht mal so kleiner Brilli im linken Nasenflügel. Hamilton sieht sich als „niemals endendes Gesamtkunstwerk“. Erst kürzlich habe ihn ein guter Freund aufgefordert, doch mal wieder ins Tattoo-Studio zu gehen. Herausgekommen sind der Schriftzug „God is Love“ (Gott ist Liebe) im Nacken und das Wort „Loyalty“ (Treue) auf dem Unterarm.

Sinnbildlich für Hamiltons Einstellung ist das quer über den Schulterbereich tätowierte „Still I rise“ (Ich erhebe mich immer noch). „Ich werde mich hoffentlich immer weiterentwickeln“, sagt er: „Stillstand ist nichts, es ist das Ende.“ Stillstand ist ohnehin nicht sein Ding, Hamilton lebt sein Leben bis ans Limit. Heliboarding, spektakuläre Buggy-Rennen in den Dünen, Scuba Diving, Surfen – alles bevorzugte Hobbys des Mannes, der möglicherweise schon in weniger als zwei Wochen zum vierten Mal Formel-1-Weltmeister sein wird.

Dann wäre wohl auch endlich die demoralisierende Saison 2016 ausgelöscht, an deren Ende er dem ungeliebten Mercedes-Kollegen Nico Rosberg den Titel überlassen musste. Damals habe er vor allem rund um die letzten Rennen einiges an negativer Energie im Team gespürt. „Als Nico sich dann so plötzlich verabschiedet hat, war ich noch öfter bei den Jungs in der Fabrik. Sie garantieren, dass wir unseren Job überhaupt machen können“, sagt er: „Ich habe ihnen klargemacht: Ja, ihr habt einen Fahrer verloren, den Weltmeister sogar, aber ihr habt immer noch einen Fahrer, dem ihr nicht egal seid.“

Das eiskalte Duell mit Rosberg habe sich tief in seine Erinnerungen gebrannt, verriet Hamilton: „Ich halte nicht viel von Vergessen und Verzeihen, obwohl Gott uns gelehrt hat zu verzeihen.“ Mit seinem neuen Teamkollegen Valtteri Bottas „habe ich ein Verhältnis, wie ich es in dieser Qualität noch mit keinem anderen Fahrer hatte. Alles ist transparent, wir arbeiten Hand in Hand für das Team und für Mercedes.“

Spätestens nach der Saison wird Lewis Hamilton für einige Zeit wieder das graue Asphaltband gegen den roten Teppich eintauschen. „Die Menschen erkennen mich als Formel-1-Fahrer und als Promi“, sagt er: „Das ist gut, denn wenn ich nicht mehr Rennen fahre, kann ich mühelos die Branche wechseln.“ Als lebendes, niemals endendes Gesamtkunstwerk sowieso.

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