Orbans Olympia-Traum ist am Ende

Budapest · Ungarn: Anti-Olympia-Bewegung hat 266 000 Unterschriften für einen Rückzug von Budapest gesammelt.

Für Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban ist Sport ein dankbares Feld, um die Menschen für sich zu gewinnen. So lässt der Regierungschef im ganzen Land für viel Geld neue Fußball-Stadien bauen. Und auch die Bewerbung von Budapest für die Olympischen Spiele 2024 machte er zur Prestige-Angelegenheit. Es sollten Spiele werden, die Ungarn ins Rampenlicht stellen sollten - so war Orbans Traum. Doch nun schickt sich die bislang eher unbekannte Bürger-Bewegung Momentum an, diesen Traum platzen zu lassen.

Gegen die Bewerbung Budapests um die Olympischen Sommerspiele 2024 hat die Bewegung 266 000 Unterschriften gesammelt - doppelt so viele wie nötig. Auch andere, reichere Bewerber waren vorzeitig ausgestiegen: Boston, Hamburg, Rom. Im September dieses Jahres will das Internationale Olympische Komitee im peruanischen Lima über die Vergabe der Sommerspiele 2024 entscheiden. Im Rennen sind noch Los Angeles, Paris und - rein theoretisch - Budapest.

Die Absage Budapests könnte schon in den kommenden Tagen erfolgen, allein schon, um ein die Orban-Regierung beschädigendes Referendum zu vermeiden. Als die Momentum-Bewegung am vergangenen Freitag die Unterschriften bei der Budapester Wahlbehörde einreichte, zeigten sich im Lager des Regierungschefs Zeichen von Panik. Orban gab die Losung aus: "Die Regierung hat damit nichts zu tun. Nicht die Regierung, sondern die Stadt Budapest hat sich beworben."

Diverse Parteigänger Orbans reagierten scharf. "Die Opposition spaltet die Bevölkerung", schimpfte Zsolt Borkai, Präsident des Ungarischen Olympischen Komitees (MOB) und einflussreicher Funktionär in Orbans Regierungspartei Fidesz. "Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass der Mitbewerber Los Angeles Geld für die Unterschriften-Aktion gegeben hat", behauptete der Fidesz-Abgeordnete Erik Banki, ohne irgendeinen Beweis vorzulegen. Der Chefredakteur eines Fidesz-loyalen Internet-Portals verunglimpfte die Unterzeichner gar als "dumme Menschen".

Es scheint zunehmend schwieriger zu werden, die Bürger von der Sinnhaftigkeit der Ausrichtung Olympischer Spiele zu überzeugen. Erst vor knapp zwei Wochen lehnten die Wähler im Schweizer Kanton Graubünden eine Bewerbung für die Winterspiele 2026 ab. Zuvor hatten schon München, Stockholm und Oslo Winterspielen eine Absage erteilt.

Nach jüngsten Meinungsumfragen wollen zwei Drittel der Bürger die Spiele nicht. "Olympia bedeutet mächtige Ausgaben und Korruptionsrisiken für das Land", hält die Momentum-Bewegung fest. Tatsächlich wird derzeit in Ungarn kaum ein Immobilien-Großprojekt durchgezogen, kein Stadion und keine Schwimm-Arena erbaut, ohne dass nicht der Verdacht besteht, regierungsnahe Oligarchen könnten sich die Taschen vollstopfen. Im Korruptionsindex von Transparency International rutscht Ungarn unter Orban von Jahr zu Jahr ab. Unter den 28 EU-Ländern ist Ungarn mit Rumänien das viertkorrupteste.

Die Momentum-Bewegung sieht sich für die Zukunft nun als politische Partei. Sie möchte zur Abwahl der Orban-Regierung bei der nächsten Parlamentswahl 2018 beitragen. Zumindest mit dem Anti-Olympia-Volksbegehren hat sie schon den Nerv der Bürger getroffen.