Nur Schumacher verteidigt Ferrari

Hockenheim. Als Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali am Sonntag um 19.20 Uhr das Fahrerlager von Hockenheim verlässt und in den Leihwagen einsteigt, marschiert 20 Meter entfernt eine Gruppe Fans vorbei - und beginnt, laut zu buhen. Mit der von Domenicali angeordneten Stallregie für Fernando Alonso hat Ferrari beim Großen Preis von Deutschland viele verärgert (wir berichteten)

 Im roten Bereich: Hier führt Felipe Massa noch vor Fernando Alonso. Auf Befehl der Box musste er ihn später vorbeilassen. Foto: dpa

Im roten Bereich: Hier führt Felipe Massa noch vor Fernando Alonso. Auf Befehl der Box musste er ihn später vorbeilassen. Foto: dpa

Hockenheim. Als Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali am Sonntag um 19.20 Uhr das Fahrerlager von Hockenheim verlässt und in den Leihwagen einsteigt, marschiert 20 Meter entfernt eine Gruppe Fans vorbei - und beginnt, laut zu buhen. Mit der von Domenicali angeordneten Stallregie für Fernando Alonso hat Ferrari beim Großen Preis von Deutschland viele verärgert (wir berichteten).

Der einzige, der mit einem breiten Grinsen auf den Vorfall reagierte, war Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel. "Na ja, was soll ich sagen?", lachte er. "Mark Webber und ich sind uns in der Türkei bei so einer Situation gegenseitig in die Karre gefahren und hatten auch danach noch so ein paar Situationen. Da standen wir als Deppen da. Ich bin froh, dass wir jetzt erst einmal aus dem Fokus raus sind."

Stattdessen steht Ferrari im Blickpunkt - und in der Kritik. "Ein Überholmanöver, das das Klima vergiftet", wetterte die italienische Zeitung "Corriere della Sera". "Auf das kontroverseste Rennen der Saison folgte die glanzloseste Siegerehrung in der Geschichte der Formel 1", schrieb die spanische "AS". Und der österreichische "Kurier" schimpfte: "Die Formel 1 ist ein verlogenes Geschäft - und Hockenheim war ein Paradebeispiel dafür."

Einer der wenigen, die sich hinter Ferrari stellen, ist Mercedes-Pilot Michael Schumacher, der vor allem 2001 und 2002 häufiger von der Ferrari-Strategie profitiert hatte: "Ich kann das Verhalten zu 100 Prozent nachvollziehen. Ich hatte schon früher meine Mühe, Verständnis dafür aufzubringen, dass man sich von außen darüber pikiert hat", sagt er. "Es geht nicht um eine Kaffeefahrt, sondern um die WM."

Ob der Überhol-Skandal für Ferrari sowie die beiden Verkehrssünder Alonso und Massa noch weitere Konsequenzen hat, darüber wird der Motorsport-Weltrat entscheiden. Ein Termin für die Verhandlung steht aber noch nicht fest.

Meinung

Da muss noch mehr kommen

Von SZ-Redakteur

Peter Wilhelm

Ferrari ist glimpflich davongekommen. Die Rennkommissare haben nach dem Grundsatz gehandelt: Wir hauen ihnen auf die Finger, aber so, dass sie es nicht merken. Zum Vergleich: Als die Stallregie noch nicht offiziell verboten war, musste Ferrari 2002 eine Million Dollar zahlen - weil das Team dem Ansehen des Sports geschadet hatte. Das hat es nun auch - und es hat dazu gegen das Verbot verstoßen. Der Grund für das milde Urteil ist: Die Kommissare wissen, dass es bei fast allen Teams Stallregie gibt. Nur macht es keiner so plump wie Ferrari. McLaren wies den drängelnden Button in der Türkei an: "Spare Benzin." Danach ließ er Hamilton in Ruhe. Es gab keine Untersuchung.

Das Problem der jetzigen Strafe: Abschreckend wirkt sie nicht. 100 000 Dollar hat jedes Top-Team übrig. Der Weltrat muss Ferrari also nachträglich richtig bestrafen, ansonsten kann er auch gleich das Verbot aufheben. Dann ist es sinnlos.

Hintergrund

Neben Ferrari ist auch der Hockenheimring mit einem blauen Auge davongekommen. 63 000 Zuschauer verfolgten das Rennen am Sonntag. Damit schreibt der Ring eine "schwarze Null", wie Geschäftsführer Karl-Josef Schmidt sagt. Vor zwei Jahren beim letzten Auftritt der Formel 1 hatte der Ring bei ähnlicher Fan-Zahl sechs Millionen Euro Miese gemacht. Formel-1-Boss Bernie Ecclestone war Hockenheim danach bei der "Antrittsgebühr" entgegen gekommen.wip

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