Niersbachs Wahl-Bonbon

Nürnberg · Die Fußball-Europameisterschaft soll 2024 in Deutschland stattfinden. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach kündigte in seiner Eröffnungsrede gestern beim Bundestag des Verbandes in Nürnberg eine offizielle Bewerbung an.

Deutschlands Fußball-Fans können sich große Hoffnungen auf ein neues Sommermärchen machen: DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hat gestern eine Kandidatur für die Europameisterschaft 2024 angekündigt und die Fußball-Prominenz beim DFB-Bundestag in Nürnberg überrascht. "18 Jahre nach der einzigartigen WM 2006 ist dann die Zeit reif für ein neues Sommermärchen in Deutschland", sagte Niersbach vor seiner anstehenden Wiederwahl im Amt am heutigen Freitag. An den anwesenden Uefa-Präsidenten Michel Platini gerichtet ergänzte der DFB-Chef: "Das Turnier ist noch nicht offiziell ausgeschrieben, aber die Uefa soll das schon frühzeitig wissen, dass sie mit uns rechnen kann."

Über eine deutsche Kandidatur um die EM 2024 wird schon eine Weile spekuliert. Dass Niersbach nun bereits den Hut öffentlich in den Ring wirft, ist dennoch überraschend. Die Uefa wird das Turnier wohl erst 2017 vergeben. Bislang können noch nicht einmal Bewerbungen in der Zentrale am Genfer See eingereicht werden. Dennoch fand die Offensive Niersbachs sofort Anklang. "Es ist Zeugnis eines selbstbewussten Verbandes und reflektiert die Wertschätzung, die der Verband auch international bekommt", sagte IOC-Präsident Thomas Bach als Gast.

Platini reagierte freundlich schelmisch, aber auch seiner Rolle als Uefa-Chef entsprechend: "Lieber Wolfgang, ich habe die Botschaft verstanden, aber Achtung, ich bin neutral." Dennoch ist Deutschland ein ganz starker Bewerber. Die Uefa braucht für ihr auf 24 Mannschaften und 51 Spiele aufgeblähtes Turnier große und finanzstarke Gastgeber. Und die guten Verbindungen von Niersbach zu seinem Freund Platini sind hinlänglich bekannt. Der DFB-Chef ist als Mitglied des Uefa-Exekutivkomitees zudem Vorsitzender der Wettbewerbskommission, die maßgeblich die EM-Planungen bestimmt. Gewählt wird der EM-Gastgeber vom Exekutivkomitee. Aber auch die EM 2020 wurde von Platini praktisch im Handstreich zu einem Pan-Europa-Event in 13 Ländern verwandelt. "Fußballpolitische Wahlscharmützel gehören der Vergangenheit an", sagte Platini. Gut möglich also, dass kein anderer Verband gegen den starken DFB kandidieren will.

Eine EM-Endrunde hatte bislang nur 1988 in Deutschland stattgefunden. Für die EM 2020 ändert sich an den DFB-Plänen offiziell nichts. München wird als Bewerberstadt ins Rennen geschickt. Ob in sieben Jahren drei Vorrundenspiele und ein K.o.-Spiel in der bayerischen Landeshauptstadt stattfinden sollen oder beide Halbfinals und das Endspiel, entscheidet die Uefa im September 2014. Durch die Ankündigung Niersbachs scheidet der DFB aber praktisch für die Finaloption 2020 aus. Der deutsche Verband hatte ohnehin stets betont, die Türkei als Endspiel-Gastgeber in sieben Jahren unterstützen zu wollen.

Neue Hymne für den DFB

Eröffnet wurde der Bundestag mit der neuen Hymne des DFB, die von den Nürnberger Staats-Philharmonikern intoniert wurde. Zudem gab es diverse Ehrungen. Dabei wurde Kaiser Franz Beckenbauer (68) und der frühere Generalsekretär Horst R. Schmidt (71) eine besondere Ehre zuteil. Den Machern der WM 2006 in Deutschland wurde die Ehrenmitgliedschaft verliehen.

Heute wird der Bundestag fortgesetzt. In Abwesenheit von Niersbachs Vorgänger Theo Zwanziger (68), der möglicherweise wegen seiner Dissonanzen mit Niersbach absagte, steht das Stühlerücken im Verbands-Präsidium auf der Tagesordnung. Aus Altersgründen wird ein Quartett mit Schatzmeister Schmidt (71) und den Vizepräsidenten Rolf Hocke (71), Hermann Korfmacher (70) und Karl Rothmund (70) verabschiedet.

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