Niersbachs Bewerbung

Frankfurt · Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will den Skandal beim Weltverband Fifa bekämpfen. Präsident Wolfgang Niersbach hat eine Reform-Agenda präsentiert. Sie klingt wie eine Bewerbung um die Nachfolge von Sepp Blatter.

Der DFB und sein Boss lassen die Muskeln spielen: Der Deutsche Fußball-Bund will den ausufernden Skandal beim Weltverband Fifa an vorderster Front bekämpfen und sich an die Spitze einer Reformbewegung setzen. Präsident Wolfgang Niersbach hat in einem offenen Brief an die 6,8 Millionen Mitglieder des größten Einzelverbands der Welt sein Zehn-Punkte-Programm zur Fifa-Reform vorgelegt - es riecht stark nach dem Wahlprogramm eines Präsidentschafts-Kandidaten. Bisher hat der 64-Jährige Ambitionen auf die Nachfolge des scheidenden Präsidenten Sepp Blatter bestritten, derart detaillierte Absichten hat aber bisher keiner vorgelegt. Der Außerordentliche Kongress der Fifa für die Wahl eines Blatter-Nachfolgers wird möglicherweise am 16. Dezember in Zürich stattfinden.

"Es ist traurig zu sehen, wie Gier und fehlende Moral einiger Weniger den gesamten Fußball unter einen Generalverdacht stellen", schreibt Niersbach: "Es ist längst überfällig, all diejenigen ins Abseits zu stellen, die sich nicht an die Spielregeln halten. Die Fifa braucht nicht nur einen schnellen personellen Wechsel an der Spitze. Sie braucht mehr Kontrolle, mehr Transparenz. Sie braucht Verlässlichkeit, Seriosität und Verbindlichkeit."

Das Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees machte deutlich, dass der DFB eine Vorreiterrolle anstrebt. "Auch der größte Verband der Fifa hat nur eine Stimme, die nicht in jedem Teil der Welt Gehör findet. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, diese Stimme zu erheben", so Niersbach: "Wir wollen Reformen , wollen Veränderung. Und wir werden sie einfordern." Mit Blick auf die Korruptionsvorwürfe verlangt Niersbach von der Fifa, "vollumfänglich mit den ermittelnden Behörden zusammenzuarbeiten". Um ähnliche Skandale zu verhindern, regt er die Einführung eines "Integritäts-Checks" an: "In den wichtigsten Gremien des Weltfußballs dürfen nur absolut verlässliche Persönlichkeiten sitzen." Das gelte auch für das Exekutivkomitee. Deshalb sollten die Mitglieder durch den Kongress gewählt und nicht mehr wie bisher durch die Kontinentalverbände entsendet werden.

Außerdem fordert Niersbach mehr Transparenz bei den WM-Vergaben und eine vorherige Prüfung der Bewerber. Freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit, der Schutz von Minderheiten, Toleranz, die Gewährleistung von Arbeitnehmerrechten und Sicherheitsstandards müsste jeder WM-Gastgeber garantieren. Zum Abschluss forderte der DFB-Chef eine bessere Kontrolle der Geldflüsse: "Es muss unser Ziel sein, dass sich Einzelne nicht auf Kosten des Fußballs skrupellos persönlich bereichern." Wie zielführend die Agenda mit Blick auf eine mögliche Kandidatur ist, werden die kommenden Wochen zeigen. In jedem Fall hat Niersbach andere Anwärter wie Michel Platini oder Prinz Ali bin Al Hussein unter Zugzwang gebracht.

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