Para-EM der Leichtathleten Medaillenregen in intimer Atmosphäre

Berlin · Para-Sportler setzen Berliner Leichtathletik-Party fort. Püttlingerin Nicoleitzik wird zweifache Europameisterin.

 Nicole Nicoleitzik jubelt. Die Athletin des TV Püttlingen hat bei der Para-EM gleich zwei Goldmedaillen gewonnen.

Nicole Nicoleitzik jubelt. Die Athletin des TV Püttlingen hat bei der Para-EM gleich zwei Goldmedaillen gewonnen.

Foto: dpa/Jens Büttner

Begeisternde Weltrekorde, ein goldener Medaillenregen für das deutsche Team und ein emotionaler Abschied von einem jahrelangen Aushängeschild: Zwei Wochen nach der rauschenden Party bei der EM im Olympiastadion haben die Behindertensportler bei ihrer Heim-EM das große Fest der Leichtathletik in Berlin fortgesetzt. Auf dem Weg zu den Paralympics in Tokio glänzten die deutschen Athleten in einer intimen, aber mitreißenden Atmosphäre im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark reihenweise mit sportlichen Höchstleistungen.

„Unsere Athletinnen und Athleten haben diese Titelkämpfe vergoldet“, sagte Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), der zugleich eine Forderung an die Sportpolitik anknüpfte: „Die Gleichstellung von paralympischem und olympischem Sport muss weiter vorangetrieben werden. Jetzt muss geliefert werden.“ Auch Bundestrainer Willi Gernemann zog eine positive Bilanz. „Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen. Aber die anderen Nationen haben uns auch gezeigt, dass es schwerer wird“, sagte er und mahnte Nachwuchsprobleme im Verband an. Dass der DBS bei den heimischen Titelkämpfen mit 40 Athleten nur das viertgrößte Aufgebot entsandte, bedauerte Gernemann: „Wir haben kein Qualitätsproblem, aber ein Quantitätsproblem.“

Für die sportlichen Höhepunkte hatten aus deutscher Sicht vor allem die langjährigen Leistungsträger gesorgt. Prothesenspringer Markus Rehm beispielsweise, der am Samstag mit einem eindrucksvollen Satz auf 8,48 Meter seinen eigenen Weltrekord um einen Zentimeter verbesserte (siehe Text rechts). Ebenfalls ihren eigenen Weltrekord verbesserte die dreimalige Paralympics-Siegerin Birgit Kober, die im Kugelstoßen ihren Titel erfolgreich verteidigte. Daneben war auch auf die deutschen Top-Sprinter Johannes Floors und Felix Streng Verlass. Neben den Titeln über 200 Meter in ihren jeweiligen Startklassen und einem überlegenen Triumph mit der 4x100-Meter-Staffel lieferten sie sich am Sonntagnachmittag ein mit Spannung erwartetes Duell im Finale über 100 Meter, das Streng in 11,23 Sekunden vor Floors (11,44 Sekunden) gewann.

Emotional war es in Berlin beim Abschied von Heinrich Popow geworden, der im letzten Weitsprung-Wettbewerb seiner langen und erfolgreichen Karriere am vergangenen Dienstag noch einmal Silber gewann. Mit feuchten Augen verabschiedete sich der Paralympics-Star anschließend von der Wettkampf-Bühne. „Ich wäre nicht der glückliche Mensch, der ich heute bin, wenn ich den Sport nicht gehabt hätte“, sagte Popow.

Einziger Wermutstropfen bei der hervorragend organisierten Veranstaltung blieb der Zuschauerzuspruch. Insgesamt verzeichnete der Veranstalter an den sieben Wettkampftagen nur rund 30 000 Besucher. „Die fehlenden Zuschauer sind und bleiben das Manko dieser ansonsten rundum gelungenen Veranstaltung“, sagte Beucher. Der Weg zu einer größeren Akzeptanz des Behindertensports ist bezüglich der Zuschauergunst noch ein weiter.

 Auch Bilder wie dieses gehören zu Europameisterschaften im Behindertensport: Eine Beinprothese liegt auf einem Nebenplatz am Rand.

Auch Bilder wie dieses gehören zu Europameisterschaften im Behindertensport: Eine Beinprothese liegt auf einem Nebenplatz am Rand.

Foto: dpa/Jens Büttner
 Erfolgreiche Läuferin: Lindy Ave gewann vier Medaillen.

Erfolgreiche Läuferin: Lindy Ave gewann vier Medaillen.

Foto: dpa/Jens Büttner
 Prothesenspringer Markus Rehm jubelt über seine Goldmedaille und einen neuen Weltrekord im Weitsprung.

Prothesenspringer Markus Rehm jubelt über seine Goldmedaille und einen neuen Weltrekord im Weitsprung.

Foto: dpa/Jens Büttner

Aus saarländischer Sicht überragte Nicole Nicoleitzik. Die 22-Jährige vom TV Püttlingen ließ am Freitagabend ihrem Titel über 200 Meter in der Startklasse T36 die Goldmedaille über 100 Meter folgen, als sie in 15,60 Sekunden ihre ukrainische Konkurrentin Jelisabeta Henkina um eine Zehntelsekunde distanzierte. „Alles oder nichts war wieder mein Motto, ich hatte gar keine Zeit, mir ein neues auszudenken“, sagte Nicoleitzik, „eine Medaille habe ich mir gewünscht, zwei sind der Wahnsinn. Jetzt ist erstmal Pause angesagt.“ Rennrollstuhlfahrer David Scherer aus Marpingen erreichte in Berlin als beste Ergebnisse zwei vierte Plätze über 400 und 5000 Meter, Vanessa Braun vom TV Püttlingen lief über 400 Meter ebenfalls als Vierte ins Ziel, belegte über 200 Meter Rang fünf und über 100 Meter Platz sechs.

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