Paralympics-Leichtathletin Nicole Nicoleitzik Sie dachte schon, sie hätte Bronze: Saar-Athletin erlebt Albtraum bei Paralympics

Tokio · Die Püttlingerin Nicole Nicoleitzik erlebt im 200-Meter-Finale der Paralympics einen Albtraum. Die sicher geglaubte Bronzemedaille rinnt ihr durch die Hände. Wie es nach dem Rennen dazu kam.

 Was für ein Drama um Nicole Nicoleitzik: Die Völklingerin jubelte nach dem 200-Meter-Rennen von Tokio im Ziel über Platz drei und die Bronzemedaille, war mit der Deutschland-Fahne schon auf der Ehrenrunde, als sie von ihrer Disqualifikation erfuhr.

Was für ein Drama um Nicole Nicoleitzik: Die Völklingerin jubelte nach dem 200-Meter-Rennen von Tokio im Ziel über Platz drei und die Bronzemedaille, war mit der Deutschland-Fahne schon auf der Ehrenrunde, als sie von ihrer Disqualifikation erfuhr.

Foto: dpa/Jens Büttner

Präsident Friedhelm Julius Beucher stand Fähnchen schwenkend im Zielbereich und feuerte Martin Schulz an. Als der Triathlet am fünften Wettkampftag endlich den deutschen Gold-Fluch bei den Paralympics in Tokio gebannt hatte, war Beuchers Erleichterung greifbar. „Endlich hat die erste Gold-Rakete gezündet“, sagte der 75-Jährige: „Da ist eine Last abgefallen.“ Umso mehr, als Tischtennisspieler Valentin Baus kurz darauf das zweite Gold für den Deutschen Behindertensportverband holte. In der Nacht zum Sonntag hatte sich das DBS-Team mit einem Schlag von Platz 40 auf Rang 17 im Medaillenspiegel katapultiert.

Und es hätte sogar noch eine Medaille mehr sein können – doch der Traum der Para-Leichtathletin Nicole Nicoleitzik blieb vorerst unerfüllt. Die 26 Jahre alte Püttlingerin jubelte zunächst über Bronze über 200 Meter. Doch sie wurde wegen Übertretung der Bahn disqualifiziert. Die Deutschen verzichteten auf einen Protest. „Der Lauf hatte sich eigentlich optimal angefühlt“, sagte Nicoleitzik traurig. Eine weitere Chance hat Sprinterin Nicoleitzik aber noch über die 100 Meter.

In der legendären Klasse von „Blade Runner“ Oscar Pistorius kommt es an diesem Montag um 13.36 Uhr deutscher Zeit zum deutschen Zweikampf zwischen Felix Streng (10,72) und Johannes Floors (10,79), die beide ihre Vorläufe gewannen. Überraschend Silber gewann derweil Speerwerferin Frances Herrmann aus Cottbus mit 17,72 Metern. Für Herrmann war es die zehnte Medaille bei Welt- und Europameisterschaften oder Paralympics und der größte Erfolg seit Silber im Diskus bei den Spielen 2008.

Der Leipziger Triathlet Schulz hatte den entsprechenden Druck, im 157. Wettbewerb der Spiele für einen deutschen Sieg sorgen zu müssen, durchaus gespürt. „Es ist nicht so, dass mir jemand die Pistole auf die Brust gedrückt hätte. Aber ich habe schon gemerkt: Keiner konnte sich vorstellen, dass ich etwas anderes hole als Gold“, sagte der 31-Jährige, der ohne linken Unterarm geboren wurde und schon in Rio gewonnen hatte: „Das war schon Druck. Aber es hat mich auf dem letzten Kilometer auch unheimlich gepuscht.“

Zwar starten aufgrund des Terminplans die meisten deutschen Gold-Hoffnungen erst in der zweiten Halbzeit der Spiele. Ohne Gold nach fünf von zwölf Wettkampftagen dazustehen, wäre für die interne Stimmung wie auch die Außenwirkung aber fatal gewesen. „Die Paralympics sind am 5. September zu Ende“, sagte Beucher: „Gezählt wird am Ende. Wir haben noch einige Gold-Raketen am Start.“

Etwas mehr als eine Stunde später erwies sich Baus als die nächste. Mit 3:2 Sätzen kämpfte der in Bochum geborene Düsseldorfer den Weltranglisten-Ersten Ningning Cao aus China nieder. „Das kann man einfach nicht beschreiben“, sagte der 25-Jährige, der an der erblichen Glasknochenkrankheit leidet: „Ich wollte hier meinen Traum von Gold verwirklichen. Wir haben so lange so hart gearbeitet.“

Deutlich getrübter war die Stimmung tags zuvor gewesen. Zwar hatte das DBS-Team da gleich fünf Medaillen gewonnen, dennoch bleibt der Samstag als ein unglücklicher in Erinnerung. Der klare Goldfavorit Leon Schäfer wurde als Weltmeister und Weltrekordler in der Klasse der Beinamputierten mit fünf Zentimetern Rückstand im Weitsprung nur Zweiter. „Der Ärger überwiegt“, gestand der Leverkusener: „Vielleicht war ich zu entspannt.“

 Triathlet Martin Schulz küsst seine Goldmedaille, die erste für Deutschland in Tokio.

Triathlet Martin Schulz küsst seine Goldmedaille, die erste für Deutschland in Tokio.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand
 Tischtennis-Ass Valentin Baus jubelt nach seinem Finalsieg gegen den Chinesen Ningning Cao.

Tischtennis-Ass Valentin Baus jubelt nach seinem Finalsieg gegen den Chinesen Ningning Cao.

Foto: dpa/Marcus Brandt
 Gold angepeilt, Silber ist es geworden: Weitspringer Leon Schäfer freut sich trotzdem riesig.

Gold angepeilt, Silber ist es geworden: Weitspringer Leon Schäfer freut sich trotzdem riesig.

Foto: dpa/Marcus Brandt
Thomas Schmidberger musste sich in seinem Finale um Gold nur knapp geschlagen geben.

Thomas Schmidberger musste sich in seinem Finale um Gold nur knapp geschlagen geben.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand
Stephanie Grebe, Zweite von Rio 2016, gewann an der Tischtennis-Platte Bronze.

Stephanie Grebe, Zweite von Rio 2016, gewann an der Tischtennis-Platte Bronze.

Foto: dpa/Joel Marklund

Tischtennisspieler Thomas Schmidberger unterlag nach großem Finalkampf mit 9:11 im entscheidenden Satz gegen seinen Dauerrivalen Panfeng Feng aus China. „Es war knapp, aber es ist eine Niederlage“, sagte der querschnittsgelähmte Düsseldorfer. Stephanie Grebe (Berlin), ebenfalls im Tischtennis, Sprinterin Lindy Ave (Greifswald) über 100 Meter und Schwimmerin Verena Schott (Cottbus) über 100 Meter Brust holten Bronze. Sie holte bereits Bronze über 200 Meter Lagen.

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