"Nichts ist unbedeutender als der Rekord der meisten Teilnahmen"

Herr Voigt, an diesem Samstag beginnt Ihre 14. Tour de France. Herrscht bei Ihnen überhaupt noch Vorfreude? Jens Voigt: Natürlich. Die Vorfreude ist groß. Es ist das größte, schwerste und schönste Rennen. Und es ist immer eine Auszeichnung, wenn man für würdig befunden wird, in den Kader seines Teams zu kommen

Herr Voigt, an diesem Samstag beginnt Ihre 14. Tour de France. Herrscht bei Ihnen überhaupt noch Vorfreude?Jens Voigt: Natürlich. Die Vorfreude ist groß. Es ist das größte, schwerste und schönste Rennen. Und es ist immer eine Auszeichnung, wenn man für würdig befunden wird, in den Kader seines Teams zu kommen.

Im vergangenen Jahr haben Sie gesagt, dass es ein Armutszeugnis für die jungen Fahrer wäre, wenn Sie es noch einmal in den Tour-Kader schaffen würden.

Voigt: Ich will jetzt nicht wie ein alter Opa klingen, aber zu meinen Zeiten ist kein fast 40-Jähriger mehr die Tour gefahren. Der Sport entwickelt sich aber so, dass man als Fahrer länger durchhält. Ich habe immer auf meinen Körper geachtet und den Sport seriös betrieben. Vor dem Jahr dachte ich mir, automatisch bist du nicht dabei. Ich musste mich selber strecken, denn ein Geschenk ist die Nominierung sicher nicht.

Mit Ihrer 14. Tour-Teilnahme ziehen Sie mit Erik Zabel gleich und werden deutscher Rekordteilnehmer. Was bedeutet Ihnen das?

Voigt: Nichts ist unbedeutender als ein Rekord der meisten Teilnahmen. Das ist genau wie diese imaginäre Wertung "bester Deutscher". Wenn man Bester von allen ist, dann ist es was. Aber zum Beispiel 85. und bester Deutscher zu sein, das wäre doch armselig.

Aber hätten Sie vor 14 Jahren gedacht, dass Sie das Rennen einmal so oft bestreiten werden?

Voigt: Es ist nichts, worauf ich geachtet habe. Aber seit ich 1998 bei den großen Teams fahre, habe ich mich jedes Jahr für die Tour qualifiziert. Darauf bin ich schon ein bisschen stolz.

Wie lange hält der Motor noch?

Voigt (lacht): Ich habe sechs Kinder zu ernähren. Vielleicht bis 55? Keine Ahnung, ich nehme es, wie es kommt. Im Augenblick sage ich, ein Jahr geht noch.

Und dann bleiben Sie dem Radsport erhalten?

Voigt: Es wäre die logische Konsequenz. In Sachen Sport bin ich nach 30 Jahren eine Art Fachmann mit Blut, Schweiß und Tränen erkauften Erfahrungen. Woanders wäre es schwierig, den Einstieg zu finden. Von daher denke ich, dass ich dem Sport erhalten bleibe.

Drängelt Ihre Familie nicht, dass Sie nach so langer Zeit endlich vom Rad steigen sollen?

Voigt: Meine Frau weiß, dass es nicht gut wäre, wenn sie mich drängelt. Sie erkennt, dass es eine Sache ist, die ich mit mir selber ausmachen muss. Die kleinen Kinder wollen natürlich, dass Papa mehr zu Hause ist. Aber die Größeren sind schon so realistisch, dass sie sagen, meine Playstation muss ja jemand bezahlen.

Auf einen Blick

Die zwölf deutschen Starter bei der Tour 2011: Marcus Burghardt (Wohnort: Steinmaur/Schweiz, Alter: 28, Team: BMC), Gerald Ciolek (Pulheim, 24, Quick Step), Linus Gerdemann (Münster, 28, Leopard Trek), André Greipel (Hürth, 28, Omega Pharma-Lotto), Danilo Hondo (Lugano/Schweiz, 37, Lampre-ISD), Andreas Klöden (Kreuzlingen/Schweiz, 36, Radioshack), Christian Knees (Euskirchen, 30, Sky), Sebastian Lang (Erfurt, 31, Omega Pharma-Lotto), Tony Martin (Kreuzlingen/Schweiz, 26, HTC-Highroad), Grischa Niermann (Hannover, 35, Rabobank), Marcel Sieberg (Bocholt, 29, Omega Pharma-Lotto), Jens Voigt (Berlin, 39, Leopard Trek). dpa

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