Nicht mal ein leises Grummeln

Nürnberg. Den strengen Herrn Bundestrainer, der so schmallippig in der Trainerzone wüten kann, hatte Jogi Löw auf dem Weg von der Bank in die Kabine von Nürnberg zurückgelassen. Stattdessen kramte er nach dem 4:1-Erfolg im WM-Qualifikationsspiel gegen Kasachstan den väterlich-milden Freund seiner Spieler hervor

 Nationaltorhüter Manuel Neuer, links, sah beim Gegentor von Kasachstan alles andere als gut aus und servierte Baurzhan Jolchiyev, rechts, nach einem missglückten Solo den Ball. Foto: David Ebener/dpa

Nationaltorhüter Manuel Neuer, links, sah beim Gegentor von Kasachstan alles andere als gut aus und servierte Baurzhan Jolchiyev, rechts, nach einem missglückten Solo den Ball. Foto: David Ebener/dpa

Nürnberg. Den strengen Herrn Bundestrainer, der so schmallippig in der Trainerzone wüten kann, hatte Jogi Löw auf dem Weg von der Bank in die Kabine von Nürnberg zurückgelassen. Stattdessen kramte er nach dem 4:1-Erfolg im WM-Qualifikationsspiel gegen Kasachstan den väterlich-milden Freund seiner Spieler hervor. "Wir haben es in der ersten Halbzeit unheimlich gut gemacht", sagte Löw, "in der zweiten Halbzeit ging ein bisschen die Konzentration verloren. Dafür habe ich aber auch ein bisschen Verständnis."

Es gab kein böses Wort zum grotesken Solo von Torwart Manuel Neuer vor dem eigenen Strafraum, der den hoffnungslos unterlegenen Gästen ihr Tor schenkte. Allenfalls die lapidare Bemerkung: "Es war ein Fehler, na gut. Und ich fand es nicht fair, dass das Publikum danach seine Aktionen mit Häme begleitet hat." Niemand hörte ein Grummeln über den verschwenderischen Umgang mit Torchancen. Löw stellte nur fest: "Wir hätten ein paar Tore mehr machen müssen."

Die Partie bot trotzdem Lehrmaterial für künftige gemeinsame taktische Stunden auf dem Weg zur WM. Dass dieser Weg durch zwei Erfolge über Kasachstan und die gleichzeitigen Punktverluste der Konkurrenz ein wenig leichter geworden ist, räumten Löw und seine Spieler ein. "Entschieden wird die Gruppe aber erst im Herbst", betonte der Bundestrainer zu Recht. Dann kommt es zu den Spielen gegen die ernsthafteren Mitbewerber Österreich, Irland und Schweden.

Und dann wird die deutsche Elf tatsächlich zu höchster Konzentration über die gesamte Spieldauer aufgefordert sein. So sehr auch Mesut Özil, Mario Götze, Ilkay Gündogan und Marco Reus ihr Publikum durch direkte Kombinationen verzücken können, so wichtig ist dann und wann auch der ganz kühle Abschluss. Das war gegen Kasachstan wunderbar zu erkennen. Die deutschen Offensivkräfte, die in ihrem wirbligen Zusammenspiel längst alle Diskussionen um das vermeintliche Spiel ohne Stürmer beendet haben, kombinierten sich im Minutentakt zu großen Chancen. Und sie wollten es vor lauter Begeisterung häufig viel zu schön machen. Dabei scheiterten sie mit Kunstschüssen am Torgestänge oder schossen den kasachischen Schlussmann Andrey Sildenikov warm.

Dass es viel einfacher geht, bewies Reus beim vierten deutschen Tor in der letzten Minute. Sein Wille, diesen Treffer ohne überflüssigen Bonus für die Schönheit der Ausführung zu erzielen, war ebenso zu erkennen, wie die notwendige Konzentration beim Schuss.

Dass Patzer wie der von Neuer und ein zu großer Abstand zwischen Offensive und Defensive gegen bessere Kontrahenten verboten sind, ist ebenfalls eine Lehre aus dem Spiel. Die bescheidenen Tormöglichkeiten der Gäste wurden durch den deutschen Torwart und ein, zwei kleine Momente mangelnder Abstimmung zwischen den Mittelfeldspielern und den Verteidigern geschenkt. Bei einem funktionierenden Zusammenhalt der ganzen Mannschaft kommen solche Szenen nicht vor. Verhindert werden sie von den zentralen Spielern im einstmals defensiven Mittelfeld. Deutschland ist in diesem Bereich beneidenswert besetzt. Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger sind auf dem obersten internationalen Niveau - und Ilkay Gündogan ist höchstens ein kleines Stück davon entfernt. "Er war gut", sagte Löw, "er ist extrem wichtig für uns geworden und für den Kader unentbehrlich."

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