Neun Minuten Jubel reichen

Richmond. Die Jubel-Orgie im Thüringen-Haus mit der Erfurter Kultband Acustica dauerte ganze neun Minuten, dann war Stephanie Beckert schon wieder verschwunden und lag um 23 Uhr im Bett. Nicht einmal ein Gläschen Sekt gönnte sich die 21-Jährige nach dem größten Tag ihre Karriere, den sie mit dem zweiten Olympia-Silber gekrönt hatte

 Ein leichtes Lächeln, ein bisschen Winken: Stephanie Beckert ist nicht der Typ für überschwänglichen Jubel. Foto: dpa

Ein leichtes Lächeln, ein bisschen Winken: Stephanie Beckert ist nicht der Typ für überschwänglichen Jubel. Foto: dpa

Richmond. Die Jubel-Orgie im Thüringen-Haus mit der Erfurter Kultband Acustica dauerte ganze neun Minuten, dann war Stephanie Beckert schon wieder verschwunden und lag um 23 Uhr im Bett. Nicht einmal ein Gläschen Sekt gönnte sich die 21-Jährige nach dem größten Tag ihre Karriere, den sie mit dem zweiten Olympia-Silber gekrönt hatte. "Richtig feiern werde ich erst zu Hause mit der Familie", erklärte die Eisschnellläuferin dazu.

Ihre starke Bindung zu ihren Eltern und ihren fünf Geschwistern hatte die stille Genießerin gleich nach ihrem Superrennen über 5000 Meter im Innenraum des Richmond Olympic Oval mit einem Anruf ins heimische Kerspleben dokumentiert. "Ich bin so unheimlich happy, das musste ich ihnen gleich mitteilen", meinte Beckert. Unmittelbar nach ihrem Lauf hatte sie spontan beide Arme in die Luft gerissen und die Fäuste geballt - durchaus seltene emotionale Ausbrüche der ruhigen Zeitgenossin. Nach 6:51,39 Minuten hatte sie schon vor dem letzten Paar mit Favoritin Martina Sablikova die Medaille im Griff.

"Das war der Wahnsinn. Ich bewundere dieses Mädel, die mit ihrer ruhigen Art zum Erfolg läuft. Respekt!", bekundete die dreimalige Olympiasiegerin Gunda Niemann-Stirnemann und fügte hinzu: "Im direkten Duell hätte sie Martina gepackt." So aber rüttelte Beckert nur am Thron von Sablikova, die mit einem Hut in den tschechischen Farben und der National-Flagge die Arena rockte. Die Tschechin hatte aber auf der letzte Runde noch zittern müssen, ehe die Siegerzeit von 6:50,91 an der Anzeigetafel aufleuchtete und sie mit ihrer dritten Medaille an die Spitze der erfolgreichsten Wintersportler ihres Landes stürmte. Hinter der 37-jährigen Kanadierin Clara Hughes blieb für Daniela Anschütz-Thoms wieder nur Platz vier.

Beckert bewältigte den Medien-Marathon mit Bravour ("So langsam macht mir das Spaß"). Nach der Siegerehrung im BC Place Stadium ließ sie sich überall mit dem geliebten Edelmetall fotografieren und machte im Deutschen Haus erstmals eine Kampfansage: "Ich werde weiter hart trainieren. Und ich denke, dass ich Martina irgendwann schlage." Kein Gedanke an das verpasste Gold. "Ich bin sprachlos und glücklich, dass ich zwei Medaillen gewonnen habe", sagte Beckert. Glücklich war auch Gerd Heinze, Präsident der Deutschen Eisschnelllaufgemeinschaft, über den Silberstreif am deutschen Eisschnelllauf-Horizont. "Ich ziehe den Hut. Stephanie gehört die Zukunft", jubilierte er angesichts der Rückschläge der letzten Tage. dpa

Hintergrund

Anni Friesinger-Postma wird nun definitiv im deutschen Trio bei der Team-Verfolgung der Olympischen Winterspiele von Vancouver antreten. Gestern absolvierte die 33-Jährige gemeinsam mit den Erfurterinnen Stephanie Beckert und Daniela Anschütz-Thoms den Start für die Konkurrenz über die sechs Runden. Dabei wurden unterschiedliche Varianten mit Friesinger und mit Anschütz als Startläuferin getestet. In beiden Fällen hatte Stephanie Beckert Mühe, dem schnellen Antritt der Team-Gefährtinnen zu folgen. Die letzte Entscheidung über die Formation hatte Eicher nach einem Gespräch mit den Heimtrainern getroffen. dpa

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