Neues Konzept für die Sicherheit

Frankfurt. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) will mit einer Informationsveranstaltung für die 36 Proficlubs den Weg zum neuen Sicherheitskonzept ebnen - und bekommt Schützenhilfe von den Branchenriesen FC Bayern München und Borussia Dortmund

Frankfurt. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) will mit einer Informationsveranstaltung für die 36 Proficlubs den Weg zum neuen Sicherheitskonzept ebnen - und bekommt Schützenhilfe von den Branchenriesen FC Bayern München und Borussia Dortmund. In einem Schreiben an die Vereine nach der Sitzung der DFL-Sicherheitskommission am Montag wurde nach dpa-Informationen auch zugesagt, dass Fan-Vertreter mehr eingebunden werden sollen. Nach vielen Bedenken und Widerständen gegen das Positionspapier "Sicheres Stadionerlebnis" hat sich nun der FC Bayern positiv zu den geplanten Maßnahmen gegen Gewalt geäußert. "Wir stehen hinter diesem Konzept", sagte Sprecher Markus Hörwick.

Angst vor der Politik

Stephan Schippers, Geschäftsführer von Borussia Mönchengladbach, verwies auf den klaren Auftrag, den die Politik beim Sicherheitsgipfel in Berlin und bei der Innenministerkonferenz dem Fußball gegeben habe. Sollte es nicht gelingen, die Gewalt einzudämmen, laufe man Gefahr, dass entsprechende Maßnahmen nach dem Gießkannenprinzip von der Politik selbst ohne Einbeziehung von DFL und DFB festgelegt werden. Derweil sieht der Dortmunder Polizeipräsident Norbert Wesseler nach den Krawallen beim Bundesligaderby zwischen Dortmund und Schalke 04 "Geisterspiele" als letzte Möglichkeit im Kampf gegen die Gewalt. "Wir müssen überlegen, ob zukünftig Spiele ohne Gäste-Fans stattfinden oder verschoben werden müssen. Und als letzte Möglichkeit drohen Geisterspiele, wenn Vereine und Fans nicht endlich handeln", sagte Wesseler.

Wesselers Sprecher Wolfgang Wieland betonte, Geisterspiele wären sicherlich das letzte Mittel. Das Polizeigesetz gebe das aber her, wenn die Gefahrenlage zu groß werde. "Zuvor müssten alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft werden", sagte Wieland. Dazu zählen laut Polizei Stadionverbote mit Meldeauflagen, Bereichsbetretungsverbote, eine Verringerung der Gästezahlen, am Ende sogar der Ausschluss von Gäste-Fans.

BVB unterstützt das Konzept

Nachdem sich in den Tagen zuvor einige Clubs wie der VfL Wolfsburg und Hertha BSC deutlich gegen das Sicherheitskonzept ausgesprochen hatten, ist nach der Sitzung vom Montag ein moderaterer Ton in der Szene eingezogen. So unterstützt auch Borussia Dortmund DFL und DFB. "Wir waren in der Kommission vertreten. Deshalb können wir mit dem Entwurf sehr gut leben. Aber wenn dieser Entwurf abgelehnt wird und Verbesserungsvorschläge kommen, kann das nur gut sein. Es ist ja erst einmal nur ein Entwurf", erklärte Hans-Joachim Watzke, der Vorsitzende der Geschäftsführung beim Deutschen Meister. Die DFL hatte die Vereine schon ursprünglich dazu aufgefordert, ihre Fan-Vertreter mit einzubeziehen, nun soll dies auf vielfachen Wunsch auch auf oberster Ebene geschehen. Genau das verlangte auch der VfB Stuttgart. "Es macht keinen Sinn, über einen Maßnahmenkatalog abzustimmen, bevor die Interessen und Vorschläge der Fans einbezogen wurden", sagte Präsident Gerd Mäuser. Der VfB stehe zwar hinter den vorgeschlagenen Maßnahmen, habe der DFL jedoch vorgeschlagen, neben der bereits bestehenden Sicherheitskommission eine zweite zu gründen, in der die Fan-Beauftragten der 36 Proficlubs sitzen. Fan-Vertreter wehren sich vor allem gegen Ganzkörperkontrollen am Stadioneingang, verschärften Richtlinien für Stadionverbote und gegen eine Reduzierung von Ticket-Kontingenten für Auswärtsspiele als Strafe für Verstöße.

Entscheidung im Dezember

"Wir weisen darauf hin, dass es sich weder um ein abschließendes Konzept noch um ein finales Arbeitsergebnis handelt", heißt es in dem DFL-Schreiben. In den nächsten Wochen soll es auch Treffen mit Fan- und Sicherheitsbeauftragten der Clubs und der Arbeitsgemeinschaft Fan-Belange beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) geben. Die DFL will bei ihrem Vorhaben bleiben, das Konzept am 12. Dezember zu verabschieden. "Der Ligaverband ist weiterhin der Auffassung, dass er im Rahmen der Verbandsautonomie in Eigenverantwortung zu Lösungen kommen sollte", sagte Peter Peters, der Vorsitzende der DFL-Kommission Sicheres Stadionerlebnis. dpa

Meinung

Populistisch und undifferenziert

Von SZ-RedakteurMichael Kipp

Das Sicherheitspapier ist mit Sicherheit eines: Ein Schnellschuss. Ein elfköpfiges Gremium hat es unter Druck formuliert. Den Druck haben undifferenziert berichtende Medien (Beispiel: "Krawallnacht in Düsseldorf") und populistisch formulierende Innenminister (Beispiel: "Stehplatzverbot") erzeugt. Den Druck haben auch Stammtische erzeugt, die gerne schnelle Lösungen fordern und gerne populistisch formulieren. "Alle Ultras und Hooligans wegsperren - und gut ist".

Natürlich gibt es Gewalt im Fußball. In der vergangenen Saison gab es 846 Verletzte in den zwei Bundesligen, sagt die Statistik. Das sind 846 zu viel, sagen wir. So viele gibt es beim Münchner Oktoberfest zuweilen an einem Tag, sagte Ex-DFB-Sicherheitschef Helmut Spahn gestern. Doch nur im Fußball wird von bürgerkriegsähnlichen Zuständen gesprochen, womit wir wieder beim Populismus sind. Wer, weshalb, warum verletzt wurde, steht in keiner Statistik, da bleibt sie undifferenziert - wie das Tränengas der Polizei.

Das Problem der Verhältnismäßigkeit formuliert die Sicherheitskommission nicht. Sie schlägt - populistisch formuliert - mehr Strafen, mehr Überwachung, Sippenhaft, Ganzkörperuntersuchungen und Ignoranz von Datenschutz vor. Dieses Gesamtpaket könnte das Problem lösen, steht übersetzt im Papier. Damit schickt die "Sicherheits-Elf" der DFL nicht nur die Rechtsstaatlichkeit in die Vergessenheit. Die Autoren haben auch vergessen, mit denen zu reden, die es betrifft: Mit den Fanvertretungen vor Ort, die mehr Einfluss auf das Problem und eine differenzierte Sichtweise auf das Geschehen haben. Dass sie zunächst nicht mitreden durften, trägt selbstredend nicht nicht zum Frieden im Stadion bei. Aber der scheint ja eh nicht das Ziel des Papieres zu sein.

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