Neuer Anlauf, gleiches Ergebnis

Tokio · Europameister Dimitrij Ovtcharov schlug ein kleines Loch in Chinas Tischtennis-Mauer. Das war aber zu wenig. Die deutsche Herren-Auswahl muss nach dem 1:3 im WM-Finale in Tokio erneut mit Silber zufrieden sein.

Die Zeit für eine andere Hymne ist noch nicht reif. Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf und sein ambitioniertes Europameister-Team mussten sich auch bei der WM in Tokio das chinesische Siegerlied anhören. Das verdiente 1:3 im Finale gegen den nunmehr 19-maligen Rekordweltmeister China beendete gestern die großen Hoffnungen auf eine Wachablösung durch das wohl beste deutsche Tischtennis-Team, das es bisher gab.

"Die chinesischen Jungs sind verdammt gut. Wenn wir nur etwas unpräzise spielen, nutzen sie jede Chance brutal aus", kommentierte Rekord-Europameister Timo Boll die fünfte Niederlage der deutschen Herren im fünften WM-Finale. "Wir verlieren aber nicht den Mut", fügte der 33-Jährige trotzig nach der Enttäuschung im Yoyogi-Gymnasium hinzu.

Wenige Stunden nach einem Erdbeben, das die Spieler in der Nacht im 27. Stock ihres Hotels überrascht hatte, konnte Boll nicht seine absolute Top-Leistung abrufen. Er verlor das Auftakteinzel gegen den Weltranglisten-Zweiten Ma Long mit 0:3, obwohl er anfangs in jedem Durchgang geführt hatte. Europameister Dimitrij Ovtcharov sorgte danach mit seinem bemerkenswerten Drei-Satz-Sieg gegen Weltmeister Zhang Jike für Hoffnung. In seinem zweiten Einzel hatte Ovtcharov im ersten Durchgang einen Satzball gegen den bärenstarken Ma Long. Doch der deutsche Meister nutzte die Chance nicht und hatte klar mit 0:3 das Nachsehen. Chancenlos war auch Patrick Franziska auf Position drei beim 0:3 gegen den Weltranglisten-Ersten Xu Xin.

"Gegen Zhang Jike habe ich das beste Spiel meines Lebens gemacht", erklärte Ovtcharov zu seinem gefeierten Ehrenpunkt. Der 25-Jährige analysierte das Finale aber schonungslos. "Wir haben nur eine Chance gegen China, wenn Timo und ich gleichzeitig im gleichen Spiel unsere besten Leistungen abrufen. Das war diesmal nicht der Fall. Trotzdem sind wir stolz. Wir sind klar die Nummer zwei in der Welt", sagte der Olympia-Dritte.

"Es war ein Superfinale, aber Ma Long und die Chinesen waren einen Tick stärker", meinte Bundestrainer Roßkopf. Für den Ex-Profi, der 1989 mit Steffen Fetzner im Doppel das bislang letzte deutsche WM-Gold gewonnen hatte, war das dritte Finale gegen China erneut ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. 2012 hatte es in Dortmund ein 0:3 gegeben. 2010 in Moskau, als Boll das Auftakteinzel gegen Ma Long gewonnen und die Chinesen enorm unter Druck gesetzt hatte, hieß es am Ende ebenfalls 1:3. "2016 haben wir bei der Team-WM und bei Olympia zwei Chancen für den ersten Sieg gegen China", erklärte Roßkopf als unverdrossener Mutmacher.

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