Sportpolitik Russland steht erneut am Pranger

Washington/Berlin · Anklage der USA wegen Hackerangriffen auf Sportverbände und Anti-Doping-Agenturen zeichnet ein erschreckendes Bild.

 Über dem russischen Geheimdienst GRU, hier dessen Zentrale, brauen sich die nächsten dunklen Wolken zusammen. Die USA haben neue Vorwürfe zu angeblichen Cyber-Attacken auf Ziele in der Sportwelt erhoben.

Über dem russischen Geheimdienst GRU, hier dessen Zentrale, brauen sich die nächsten dunklen Wolken zusammen. Die USA haben neue Vorwürfe zu angeblichen Cyber-Attacken auf Ziele in der Sportwelt erhoben.

Foto: dpa/Pavel Golovkin

Russland rückt im internationalen Sport wieder an den Pranger. Mit ihrer Anklage gegen sieben Agenten des russischen Geheimdienstes GRU haben die USA schwere Vorwürfe erhoben. Die Spione sollen für die Cyber-Attacken 2016 gegen die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) und andere Sportorganisationen verantwortlich gewesen sein. Vor zwei Wochen hatte Russland noch gejubelt, nachdem die Wada die Suspendierung gegen die russische Anti-Doping-Agentur Rusada aufgehoben hatte.

Nun der nächste Schlag. Die Wada, besonders geschädigt durch die Cyberangriffe, kommentierte die Anklage durch die USA allerdings noch sehr vorsichtig, von Russland ist nicht einmal die Rede, offenbar des lieben Friedens willen. „Die Welt-Anti-Doping-Agentur nimmt heute die Ankündigung des FBI und des Justizministeriums der USA zur Kenntnis“, hieß es auffallend nüchtern. Stattdessen wies die Behörde mit Sitz im kanadischen Montréal lieber auf die vielen technischen Maßnahmen hin, die unternommen wurden, um vor weiteren Cyberangriffen gerüstet zu sein.

Genau an dem Tag, an dem die Wada im Juli 2016 ihren Report zu den Doping-Praktiken in Russland vorgestellt hatte, soll laut Anklage die Moskauer Cyberarmee ihre Angriffe gestartet haben. Hacker des Militärgeheimdienstes GRU hätten demnach damit begonnen, in den Computersystemen der Wada nach Schwachstellen zu suchen.

Als das Internationale Olympische Komitee (IOC) Ende Juli die Verantwortung für die Starts von russischen Athleten in Rio den internationalen Sportverbänden überließ und am Ende 111 russische Sportler an den Sommerspielen in Südamerika nicht teilnehmen konnten, sollen die GRU-Hacker die Wada-Website in Angriff genommen haben. Am Ende, so heißt es in der Anklage, sollen große Sportorganisationen über Jahre hinweg geschwächt worden sein.

Die Spionage-Gruppe soll sich in WIFI-Systeme eingeloggt haben, um an Anmeldedaten und den E-Mail-Zugriff von Offiziellen der Wada, des IOC sowie des Fußball-Weltverbandes Fifa und des Internationalen Leichtathletik-Verbandes IAAF zu kommen. In Rio de Janeiro sollen sich während der Olympischen Spiele zwei GRU-Agenten für das Abgreifen der Daten („Phishing“) in das WIFI-System eines Hotels eingeloggt haben, in dem wichtige Vertreter des IOC und der Wada logierten.

Der nächste Schritt ließ nicht lange auf sich warten. Mitte September wurden über die Internet-Seiten von Fancy Bear vertrauliche Daten berühmter Sportler der westlichen Welt wie von den US-Tennisspielerinnen Serena und Venus Williams oder von Turn-Star Simone Biles veröffentlicht. So wurde bekannt, dass Biles seit ihrer Kindheit Medikamente gegen Hyperaktivität nimmt. Auch von deutschen Athleten wie Diskuswerfer Robert Harting und Speerwerferin Christina Obergföll gelangten persönliche Daten sowie die medizinischen Ausnahmegenehmigungen (TUE) an die Öffentlichkeit.

Mit der Veröffentlichung wollten die Hacker offenbar klarstellen, dass auch westliche Athleten verbotene Medikamente einnehmen. Die Spione sollen laut Anklage zudem im Anschluss ihr Wissen wie auch im US-Wahlkampf verstärkt über soziale Medien verbreitet haben. Zudem erhielten offenbar befreundete Journalisten Angebote zur Veröffentlichung.

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