Nerventest vor der erhofften Wachablösung

New York · Das Spiel ihrer Kontrahentin Serena Williams hat sich Angelique Kerber im Fernsehen angeschaut. Über die starke Vorstellung der Amerikanerin, die Kerber als Nummer eins ablösen will, war sie nicht erstaunt.

 Angelique Kerber muss sich in ihrer Partie gegen Mirjana Lucic-Baroni richtig strecken. Foto: Gombert/dpa

Angelique Kerber muss sich in ihrer Partie gegen Mirjana Lucic-Baroni richtig strecken. Foto: Gombert/dpa

Foto: Gombert/dpa

Der erste Nerventest war Angelique Kerber gar nicht unrecht. "Das war nicht so schlecht, dass es am Ende so ausgegangen ist. Ich glaube, das wird mir helfen", sagte Deutschlands beste Tennisspielerin nach ihrem Zweitrunden-Sieg bei den US Open . Denn im Kampf um den Einzug ins Achtelfinale wartet heute eine undankbare und knifflige Aufgabe auf die Silbermedaillengewinnerin von Rio: Kerber bekommt es mit der Teenagerin Catherine Bellis zu tun.

"Jetzt gegen eine Amerikanerin zu spielen, ist eine Herausforderung, aber ich freue mich drauf. Einfacher wird es nicht", sagte Kerber vor dem ersten Duell überhaupt mit der 17 Jahre alten Bellis. Von der Qualität des Spiels her darf die Nummer 158 natürlich keine Gefahr für Kerber darstellen. Doch wie schnell auch die aktuell zweitbeste Spielerin der Welt kurzzeitig in Bedrängnis geraten kann, erlebte sie bei ihrem 6:2, 7:6 (9:7)-Sieg gegen die Kroatin Mirjana Lucic-Baroni.

In dem Match führte die Australian-Open-Siegerin und Wimbledon-Finalistin 6:2, 4:1 und wirkte im Flushing Meadows Corona Park so unerschütterlich wie der Sockel der Freiheitsstatue auf Liberty Island nur wenige Kilometer entfernt. Als ihre 34 Jahre alte Kontrahentin stärker wurde, verfiel Kerber aber leicht in ihr früheres Passivitäts-Dilemma - und musste prompt drei Satzbälle abwehren. Dass sie den Durchgang nicht verlor und nicht in einen dritten Satz musste, hat viel mit dem neuen Selbstverständnis und dem hart erarbeiteten Selbstvertrauen der Kielerin zu tun.

"Es ist ja auch ein bisschen meine Spielweise, dass ich oft Matches habe, in denen es irgendwann eng wird", sagte die 28-Jährige: "Das ist dieser kleine Unterschied, der mir vor allem dieses Jahr gezeigt hat, dass ich auch in zwei Sätzen enge Matches gewinne. Ich weiß, ich kann so etwas drehen."

Nach der bestandenen Mentalitätsprüfung fehlt Kerber jetzt noch ein Sieg, um in die Partien mit der Endung -finale einzuziehen. Und natürlich weiß auch sie, dass sich Runde für Runde ihre Chancen vergrößern, tatsächlich die lange Zeit übermächtige Serena Williams als Nummer eins der Weltrangliste zu verdrängen.

Das Spiel ihrer Konkurrentin hatte sie sich tags zuvor im Fernsehen angeschaut. Von der starken Verfassung der jüngst wegen Schulterproblemen schwächelnden und pausierenden 22-maligen Grand-Slam-Siegerin war sie jedoch alles andere als überrascht. "Sie wird alles geben, um gerade hier zu Hause ihren nächsten Grand Slam zu gewinnen", sagte Kerber. Williams muss zudem mindestens das Halbfinale erreichen, um nicht die Führung in der Weltrangliste zu verlieren. "Ich bin sicher, dass sie hier von Runde zu Runde stärker werden wird", sagte Kerber.

Die von ihr so heiß geliebte Nummer-eins-Frage blieb Kerber diesmal wenigstens erspart. Seit Wochen muss sie sich eigentlich bei jeder Gelegenheit zu der Aussicht äußern, Williams ablösen zu können. Noch scheint es weder die eine noch die andere zu belasten.

Sollte es tatsächlich wie schon bei den Australian Open und in Wimbledon zu einem Endspiel zwischen Kerber und Williams kommen, wäre die Siegerin definitiv die neue oder alte Nummer eins. Aber wie sagte Kerber so schön? "Das waren jetzt erst mal die ersten Runden. Man muss zwei Wochen gut spielen, um ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen."

Qualifikant Mischa Zverev hat den Einzug in die dritte Runde klar verpasst. Der 29-Jährige aus Hamburg, Bruder von Toptalent Alexander Zverev, unterlag dem US-Amerikaner Jack Sock 1:6, 1:6, 2:6.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort