Nationaltrainer am Rassismus-Pranger

Paris. Zehn Monate nach dem Fiasko bei der Weltmeisterschaft in Südafrika braut sich über Frankreichs Fußball erneut ein schwerer Sturm zusammen. Nationaltrainer Laurent Blanc wird der Diskriminierung von Nachwuchsspielern beschuldigt

 Unter Beschuss: Frankreichs Trainer Laurent Blanc. Foto: dpa

Unter Beschuss: Frankreichs Trainer Laurent Blanc. Foto: dpa

Paris. Zehn Monate nach dem Fiasko bei der Weltmeisterschaft in Südafrika braut sich über Frankreichs Fußball erneut ein schwerer Sturm zusammen. Nationaltrainer Laurent Blanc wird der Diskriminierung von Nachwuchsspielern beschuldigt. Ausgerechnet der "Saubermann", der beliebte "Président", der die "Bleus", wie die Nationalelf genannt wird, mit sechs Siegen in Serie wieder stark und hoffähig gemacht hatte, steht am Rassismus-Pranger. Immer mehr Franzosen fordern die Entlassung des 45-Jährigen. "Wenn Blanc verwickelt ist, muss er natürlich gehen", sagt kein Geringerer als der schwarze Rekord-Nationalspieler Liliam Thuram, 1998 Kollege von Blanc in Frankreichs Weltmeister-Elf.Nicht nur Ex-Profi Thuram, der für seinen Einsatz für Menschenrechte und gegen Rassismus bekannt ist, reagierte bestürzt. "Inakzeptabel, blöd, erschreckend", schimpfte die Vorsitzende der Sozialistischen Partei, Martine Aubry. Kritik kam auch aus anderen Parteien. Und obwohl Blanc einen sehr guten Ruf genießt, sprachen sich 30 Prozent der Leser des Magazins "France Football" für einen Rauswurf des Trainers aus.

Blanc, Kapitän des Weltmeisters 1998, und den weiteren mutmaßlich verwickelten Verbandsfunktionären drohen offenbar schlimmere Folgen als ein Rausschmiss. Im Interview mit der Zeitung "Le Parisien" sagte Sportministerin Chantal Jouanno, eine Anrufung der Justiz sei nicht ausgeschlossen, "sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen". Am Dienstag begannen zwei Untersuchungen, die vom Verband FFF sowie vom Sportministerium geführt werden.

Der Skandal war von einem Bericht der Internet-Zeitung "Mediapart" ausgelöst worden. Demnach plante der FFF die Einführung einer Quote von höchstens 30 Prozent für Spieler mit afrikanischem Migrationshintergrund für Sportschulen und Trainingszentren im Land. Das Projekt, das für Jugendliche im Alter von 13 Jahren und drüber gelten sollte, sei bei einem "geheimen Treffen" im November erarbeitet worden. Blanc sagte "Mediapart": "Bin total dafür".

Der Technische Direktor des FFF, François Blaquart, wurde am Samstag suspendiert. Er hatte die Pläne indirekt eingeräumt und gesagt: "Unser Problem sind nur die Spieler mit doppelter Nationalität", die der französischen Nationalelf den Rücken kehren und für die Auswahl ihres Herkunftslandes spielen könnten. Auch Blanc hatte diesbezüglich öffentlich von einem "schlimmen Problem" gesprochen. Gemeint sind Profis wie der beste Ligue-1- Torjäger Moussa Sow (OSC Lille), der für den Senegal kickt.

Blanc nahm unterdessen Reißaus. Nachdem er am Freitag von einer "Lüge" gesprochen und am Samstag gesagt hatte, er wolle sich für "eventuelle Missverständnisse entschuldigen", sagte er mehrere Termine ab und tauchte im Norden Italiens unter. "L'Équipe" schließt nicht aus, dass er zurücktreten wird. "Er ist sehr betroffen", erklärte FFF-Präsident Fernand Duchaussoy. "Blancs Fehler war, dass er zunächst alles bestritten hat. Seine Entschuldigung war dann nicht überzeugend", sagt Thuram. dpa

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