Nationalspielerinnen zum Nulltarif
Saarbrücken. Nadine Keßler hatte Tränen in den Augen, als sie an diesem Donnerstag ihre Entscheidung der Zweitliga-Mannschaft des 1. FC Saarbrücken mitteilte. Es fiel der Nationalspielerin schwer zu sagen, dass sie ihre fußballerische Heimat nach Potsdam verlegt. Später wirkte die 21-Jährige gefasst. Sie sagte, dass die sportliche Perspektive ein Grund für ihren Wechsel sei
Saarbrücken. Nadine Keßler hatte Tränen in den Augen, als sie an diesem Donnerstag ihre Entscheidung der Zweitliga-Mannschaft des 1. FC Saarbrücken mitteilte. Es fiel der Nationalspielerin schwer zu sagen, dass sie ihre fußballerische Heimat nach Potsdam verlegt. Später wirkte die 21-Jährige gefasst. Sie sagte, dass die sportliche Perspektive ein Grund für ihren Wechsel sei. Dass die Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land ihr Ziel ist: "Und dazu brauche ich die Erste Liga, um mich zu beweisen." Potsdam spielt dort, der FCS nicht. Auch kommende Saison wohl nicht, zumindest kann der Tabellenzweite hinter dem VfL Sindelfingen in den letzten drei Spielen den Aufstieg nicht aus eigener Kraft schaffen.
Keßler geht nicht alleine. Abwehrspielerin Josephine Henning (19 Jahre/acht U20-Spiele) folgt ihr zu Turbine Potsdam. Offensivakteurin Selina Wagner, (18/zehn U19-Spiele) geht auch. Wohin, sagte sie nicht. Wohl zum VfL Wolfsburg oder zu Bayern München in die Bundesliga. Stürmerin Lisa Schwab (19/sechs U20-Spiele) wechselt zu Ligakonkurrent Bayer Leverkusen. Alle gehen wegen der "sportlichen Perspektive". Doch nicht nur deshalb: "Ich bin enttäuscht vom FCS", sagt Keßler, "die Verhandlungen mit uns wurden viel zu spät geführt. Außerdem hat der Verein uns keine konkreten Vorstellungen mitgeteilt. Eigentlich wollte keine gehen." Schwab sagt: "Man hat sich viel zu spät um uns bemüht. Bei dem Gespräch wurden keine Fakten genannt. Es hat mich nichts überzeugt." Auch Wagner ist "enttäuscht. Vor allem, dass alles nicht so gelaufen ist, wie wir es uns gewünscht hätten". Alle gehen ablösefrei. Die Verträge laufen aus.
"Das ist das Erbe, dass wir angetreten haben", sagt FCS-Präsident Horst Hinschberger (Foto: SZ) und betont: "Der Verein hat nichts falsch gemacht." Zweigleisig zu planen, sei schwierig gewesen, aber man hätte es probiert: "Wir haben jeder Spielerin ein Vertragsangebot unterbreitet. Dass sich die Spielerinnen jetzt so äußern, kann ich mir nur mit ihrer Unerfahrenheit im Fußballgeschäft erklären."
Da auch Dzsenifer Maroszan (17/sechs U19-Spiele) im April ihren Wechsel zu Bundesligist FFC Frankfurt bekannt gab, stellt sich die Frage, ob die Mannschaft auseinander fällt. Für Hinschberger nur bedingt: "Natürlich hätten wir nun Schwierigkeiten, eine gute Erstliga-Mannschaft auf die Beine zu stellen. Sicher ist aber, dass wir eine starke Zweitliga-Mannschaft zusammenstellen." Mit welchem Trainer, welchen Spielerinnen? Das kann er nicht sagen. Die Planungen seien noch nicht abgeschlossen. "Der Verein
hat nichts
falsch gemacht."
Horst Hinschberger,
Präsident des FCS
Meinung
Das Präsidium hat versagt
Von SZ-Redakteur
Kai Klankert
Vor ziemlich genau einem Jahr sagte Vereins-Präsident Horst Hinschberger, die FCS-Frauen hätten im Leuchtturm des Saar-Fußballs das Licht angeknipts. Es sei ein erhebendes Gefühl, den FCS bundesweit repräsentiert zu sehen (SZ-Ausgabe vom 15. April 2008).
Damals standen die FCS-Frauen sensationell im Finale des DFB-Pokals, und das Präsidium um Hinschberger sonnte sich im Berliner Olympia-Stadion in den Erfolgen eines hochtalentierten Teams, das bei gescheiter Planung zu den führenden in Deutschland hätte aufsteigen können.
Ob dies beim Abgang von fünf Nationalspielerinnen noch zu verwirklichen ist? Wohl kaum. Präsidium und Abteilungsleitung haben die Personalplanung auf die lange Bank geschoben und damit auf der ganzen Linie versagt.
Den Spielerinnen ist kein Vorwurf zu machen. Wenn ihnen der FCS egal wäre, wären sie vor einem Jahr nicht mit ihm in die 2. Liga gegangen.