Australian Open Die nächste Grand-Slam-Enttäuschung

Melbourne · Nach Angelique Kerber ist auch Tennisstar Alexander Zverev im Achtelfinale der Australian Open krachend gescheitert.

 Alexander Zverev zertrümmert seinen Schläger. Im Achtelfinale gegen Milos Raonic war der Hamburger chancenlos.

Alexander Zverev zertrümmert seinen Schläger. Im Achtelfinale gegen Milos Raonic war der Hamburger chancenlos.

Foto: dpa/Kin Cheung

Die unbändige Wut war längst verraucht, als Alexander Zverev versuchte, die nächste Grand-Slam-Enttäuschung in Worte zu fassen. Er hatte sich ja schon auf dem Platz abreagiert, seinen Schläger neun Mal (!) auf den Boden gedonnert und damit fachmännisch zerlegt. Übrig geblieben war die pure Enttäuschung über eine Leistung, die so gar nicht den Ansprüchen des Hamburgers genügte und die weit davon entfernt war, eines Achtelfinals der Australian Open würdig zu sein. Von Siegträumen down under ganz zu schweigen.

Nur 24 Stunden nach Wimbledonsiegerin Angelique Kerber erlebte auch Zverev, Sieger des ATP-Finals in London und allseits hochgelobter Jungstar, ein Debakel. „Angie hat es gesagt: Es gibt solche Tage, an denen nichts geht“, meinte Zverev nach dem 1:6, 1:6, 6:7 (5:7) gegen den Kanadier Milos Raonic. In den ersten zwei Sätzen habe er „keine Ahnung gehabt, wie man einen Tennisball überhaupt ins Feld spielen soll“, sagte der 21-Jährige.

Die Folge war ein denkwürdiger Wutausbruch im zweiten Durchgang, der sofort durch die Sozialen Netzwerke flimmerte und auch in keinem sportlichen Jahresrückblick fehlen wird. Zverevs Trainer Ivan Lendl nippte derweil seelenruhig an seiner Wasserflasche, ein Ballkind brachte sich schnellstens in Sicherheit – und Zverev ärgerte sich später, dass er nicht früher ausgerastet war.

„Ich hätte das vielleicht schon nach dem ersten Satz machen sollen. Irgendwann muss man alles rauslassen“, sagte er. Immerhin zeigte der Tobsuchtsanfall Wirkung, den dritten Durchgang gestaltete er ausgeglichener. Illusionen machte sich Zverev aber nicht. „Dass ich überhaupt den Tiebreak erreicht habe, war ein Riesenwunder“, sagte er. Selbst wenn er zum 1:2 verkürzt hätte, „glaube ich nicht, dass ich das Match gewonnen hätte“. Vom Selbstbewusstsein, das er noch in den Runden zuvor ausgestrahlt hatte, keine Spur.

Zehn Doppelfehler, eine unterirdische Quote beim zweiten Aufschlag und selten gesehene Schwächen von der Grundlinie waren ein Teil der Wahrheit über die Niederlage. Ein anderer war der konzentrierte Auftritt des früheren Wimbledonfinalisten Raonic (28). Der einstige Top-10-Spieler, der sich nach vielen Verletzungen erst langsam wieder seiner Bestform nähert, setzte nicht nur all seine Hoffnung in den starken Aufschlag. War Kerber von Danielle Collins am Sonntag überrollt worden, wurde Zverev mitunter eiskalt ausgespielt.

Raonics Rückhand-Slice holte Zverev immer wieder ins Feld und damit aus der Komfortzone. So hatte ihn bereits Philipp Kohlschreiber in der dritten Runde der US Open im vergangenen Herbst überrascht. Zverevs bestes Grand-Slam-Resultat bleibt damit das Viertelfinale der French Open 2018. Dass er am kommenden Montag auf Platz drei der Weltrangliste klettert und damit erstmals vor seinem ebenfalls im Achtelfinale ausgeschiedenen Kindheits-Idol Roger Federer geführt wird, ist kein Trostpflaster für den mehr als holprigen Saisonstart.

Den führte Zverev in seiner Enttäuschung nach seinem Aus auch auf das triumphale Ende der vergangenen Saison mit dem Titelgewinn in London zurück. „Ich hatte keine lange Vorbereitung, keine lange Pause“, sagte er. Aber so sei das Leben als Tennisprofi nun einmal. Nach seiner Rückkehr aus Australien und vor der Davis-Cup-Partie in Frankfurt gegen Ungarn (1./2. Februar) hat er Zeit, die Speicher aufzuladen. „Ich bleibe erst einmal für zwei Tage im Bett liegen“, kündigte Zverev mit einem bittersüßen Lächeln an. Nach guter Laune war ihm irgendwie überhaupt nicht.

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