Leichtathletik-EM in Berlin Nach dem Fest warten Jahre der Extreme

Berlin · Die deutschen Leichtathleten müssen sich auf die Wüsten-WM 2019 in Katar und Hitze-Olympia 2020 in Tokio einstellen.

 Speerwerfer Thomas Röhler verkörpert Weltklasse. Der Olympiasieger krönte sich in Berlin zum Europameister. Auch bei der WM 2019 in Katar und den Olympischen Spielen 2020 in Tokio will er vorne mitmischen.

Speerwerfer Thomas Röhler verkörpert Weltklasse. Der Olympiasieger krönte sich in Berlin zum Europameister. Auch bei der WM 2019 in Katar und den Olympischen Spielen 2020 in Tokio will er vorne mitmischen.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Die Heim-EM in Berlin war ein rauschendes Fest für den Deutschen Leichtahtletik-Verband (DLV). Vor allem auch wegen der sportlichen Bilanz mit 19 Medaillen – darunter sechs goldene, sieben silberne und sechs bronzene. Nur können Titelträger wie Arthur Abele (Zehnkampf), Thomas Röhler und Christin Hussong (beide Speerwurf), Malaiko Mihambo (Weitsprung), Gesa Krause (3000 Meter Hindernis) und Mateusz Przybylko (Hochsprung) oder andere Medaillenträger wie die Hürdensprinterinnen Cindy Roleder und Pamela Dutkiewicz ihre Erfolge auch auf noch größerer Bühne bestätigen?

Klar ist: Für die deutschen Leichtathleten werden 2019 und 2020 zu Jahren der Extreme. Die Planung und Vorbereitung für die WM 2019 in Katar und die Olympischen Spiele 2020 in Tokio haben längst begonnen. Die äußerst ungünstige Terminkonstellation und die zu erwartende große Hitze an beiden Schauplätzen bereiten dem DLV und seinen Top­sportlern großes Kopfzerbrechen.

„Das hat jemand entschieden, der noch nie in seinem Leben Sport gemacht hat“, schimpft Kugelstoßerin Christina Schwanitz über die WM-Vergabe nach Doha und den späten Austragungszeitpunkt vom 28. September bis 6. Oktober im nächsten Jahr. Von Mai bis Oktober müsse man fit bleiben und „im Oktober am fittesten“ sein. „Es ist schade, dass Geld mehr wert ist als der Sportler. Um den geht es nicht“, sagt Schwanitz. Hinzu komme, dass die Zeit bis zu den Tokio-Spielen ungewohnt kurz sei: „Man hat keine Zeit, sich normal in seinem Rhythmus vorzubereiten.“

DLV-Chefbundestrainer Idriss Gonschinska beschäftigt sich mit seinem Stab bereits seit zwei Jahren mit dieser komplizierten Konstellation. Statt zu jammern, sucht er nach möglichst optimalen Lösungen. „Man muss die ganze Statik der nächsten Saison verschieben, später einsteigen und spät den Formaufbau zur WM realisieren“, erklärt er.

Die deutschen Meisterschaften werden als letzte Qualifikation am 3. und 4. August 2019 in Berlin ausgetragen – acht statt wie bisher zwei, drei Wochen vor einer WM. „Das ist eine Herausforderung“, meint Gonschinska. Damit die Athleten bis zur WM ihre Form testen können, sind Starts bei den drei Diamond-League-Meetings in Birmingham, Zürich und Brüssel möglich. „Das passt ganz gut rein. Man braucht ja Wettkämpfe, um die maximale Leistung auszuprägen“, sagt er.

Vorschreiben will der DLV seinen Athleten, die auch Geld verdienen wollen, nicht, wie sie bis zu den Sommerspielen 2020 planen sollen. „Ich bin nicht derjenige, der Vorgaben macht. Ich möchte lieber inhaltlich überzeugen im Sinne von Prozessberatung“, sagt Gonschinska. Verständnis hat er für die deutschen Marathonläufer, die angesichts zu erwartender Extremhitze in Katar und trotz Mitternachts-Starts einen WM-Verzicht erwägen: „Das kann ich nachvollziehen.“

Der Weltverband sorgt sich darum nicht. Bei der Veröffentlichung des Zeitplans im Mai auf der Internetseite der IAAF wurde der nächtliche 42,195 Kilometer-Lauf als Attraktion mit „atemberaubenden Bildern“ für das Fernsehen angepriesen: „Die Lichter entlang der gesamten Strecke werden den ganzen Marathon zum Leben erwecken.“

 Christin Hussong vom LAZ Zweibrücken schlägt die Hände vors Gesicht. Gold! Wahnsinn!

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Foto: dpa/Michael Kappeler
 Unglaublicher Auftritt: Hochspringer Mateusz Przybylko begeistert die Fans und sich selbst.

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Foto: dpa/Bernd Thissen
 Arthur Abele nutzt die Chance. Der Ulmer ist der neue König der Zehnkämpfer.

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Foto: dpa/Sven Hoppe

Wenn die DLV-Asse die WM überstanden haben, müssen sie schon rasch an die Spiele in Tokio denken, die vom 24. Juli bis 9. August 2020 ausgetragen werden. Nach der unglaublichen Hitze mit Temperaturen bis zu 41 Grad Celsius und vielen Hitzetoten in diesem Sommer in Japans Hauptstadt wächst die Sorge. Ist das den Athleten noch zumutbar? „In Berlin hatten wir während der EM auch Tage mit bis zu 40 Grad Celsius“, sagt Gonschinska: „Wir müssen halt die methodischen Lösungen finden, um Erfolg wahrscheinlich zu machen.“ Unabhängig von der deutlich größeren Konkurrenz, die es bei einer WM und Olympia nun mal gibt.

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