Staatsdoping in Russland Mutko tritt zur Seite und bleibt doch

Moskau · Russlands umstrittener Vize-Premier pausiert als Verbandschef. Was ist mit der WM?

 Er kann es drehen und wenden, wie er will: Witali Mutko bleibt eine umstrittene Figur.

Er kann es drehen und wenden, wie er will: Witali Mutko bleibt eine umstrittene Figur.

Foto: dpa/Christian Charisius

Mit einem Teilrückzug auf Zeit will sich Russlands Vize-Premier Witali Mutko aus der Doping-Affäre ziehen. Unter dem Druck der Ermittlungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) lässt die Schlüsselfigur des Staatsdopingskandals ihr Amt als Präsident des russischen Fußballverbandes RFU für sechs Monate ruhen – anscheinend auch, um den weit bedeutenderen Posten als Organisator der WM 2018 zu sichern.

Das Abtreten für ein halbes Jahr bestätigte Mutko, ein treuer Gefährte des Präsidenten Wladimir Putin, nach einer Sitzung der RFU-Exekutive. Für die WM sieht sich der 59-Jährige weiter zuständig, aber auch hier schließt er einen Rücktritt nicht aus. Er kündigte eine Art Vertrauensfrage an: Über seine Position als WM-Chef würden dann „Staatsoberhaupt, Regierungsspitze und Aufsichtsrat entscheiden“. Er trete ausdrücklich nicht zurück: „Mein Mandat besteht weiter.“

Zunächst tritt Mutko also zur Seite – und er bleibt doch in einer Hauptrolle auf der Bühne. Auch als RFU-Präsident wäre seine einzige Aufgabe für das kommende halbe Jahr gewesen, Putin eine perfekte WM zu organisieren. Er begründet seinen Schritt mit seinem gleichzeitig verkündeten Einspruch beim internationalen Sportgerichtshof CAS gegen seine lebenslange Olympia-Sperre durch das IOC: „Damit die WM-Vorbereitungen nicht durch die juristischen Ermittlungen gestört werden.“

Ein Organisator der gigantischen Fußball-Weltmeisterschaft, der zugleich Staatsdoping bei Olympischen Winterspielen verantwortet haben soll: Die Frage ist, ob Putin sich dies leisten kann und will. Schließlich hat das IOC die „administrative“ Verantwortung für das Dopingsystem von Sotschi ausdrücklich dem damals zuständigen Sportminister Mutko zugeschrieben. Dessen Aufgaben als RFU-Boss übernimmt bis auf Weiteres Generalsekretär Alexander Alajew.

Die Fifa hält sich wie üblich vornehm zurück. Am ersten Weihnachtstag bezeichnete der Weltverband Mutkos Handeln als „verantwortungsvollen Schritt“. Über die weitere Vorgehensweise will die Fifa nach Angaben eines Sprechers „in den nächsten Tagen mit allen Beteiligten diskutieren“.

Die Fifa war durch das IOC-Verdikt erheblich unter Zugzwang geraten. Immer noch ist offen, ob die formal unabhängige Ethikkommission auf das Urteil reagiert und ihrerseits Ermittlungen aufgenommen hat. Fifa-Präsident Gianni Infantino hatte wenige Stunden vor der WM-Auslosung in Moskau am 1. Dezember hilf- und tatenlos daneben gesessen, als Mutko im Kremlpalast zu einer Wutrede ausholte. Der Tenor: Es hat kein Staatsdoping gegeben.

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