Mitten rein ins gelb-schwarze Herz

Dortmund · Aus ungläubigem Staunen wurde schmerzliche Gewissheit: Der Wechsel von Mario Götze zum FC Bayern hat den BVB tief getroffen und die Vorbereitung auf das Halbfinale gegen Madrid empfindlich gestört.

Das Lächeln von Jürgen Klopp wirkte ungewohnt gequält. Im Frust über den baldigen Verlust von Mario Götze fiel es dem Dortmunder Trainer sichtlich schwer, Zuversicht für das heutige Halbfinale in der Champions League gegen Real Madrid (20.45 Uhr/ZDF und Sky) zu verbreiten. Doch bei allem Ärger über den Zeitpunkt der Veröffentlichung des Transfers bemühte sich der Fußball-Lehrer gestern um Normalität: "Das ist eine klassische Jetzt-Erst-Recht-Situation. Aus solchen Situationen kann man auch Kraft schöpfen."

Nach ersten Gerüchten in der Nacht blieb dem BVB gestern Morgen nichts anderes übrig, als den Wechsel des 20 Jahre alten Fußball-Juwels zu Rekordmeister Bayern München in diesem Sommer zu bestätigen. BVB-Trainer Jürgen Klopp wirkte zerknirscht, als er 30 Stunden vor dem Anpfiff des Spiels gegen Madrid den Abgang seines Jungstars kommentieren musste. Er habe aber schon am Donnerstag nach dem Viertelfinal-Rückspiel gegen Malaga davon gewusst, so Klopp. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung, von der er am Vorabend erfuhr, sei natürlich "nicht günstig". Trotzig fügte Klopp an: "Wer auch immer wollte, dass wir gestört werden in der Vorbereitung auf das Spiel - er wird damit keinen Erfolg haben."

Götze hat in Dortmund noch einen Vertrag bis 2016, kann den BVB für eine festgeschriebene Ablösesumme von angeblich 37 Millionen Euro verlassen. Sollte die Summe stimmen, wäre Götze der teuerste Spieler, der je von einem Bundesliga-Club zu einem anderen wechselte. Bislang hielt Stürmer Mario Gomez diesen Rekord - die Münchner hatten 2009 30 Millionen Euro an den VfB Stuttgart überwiesen. Laut Klopp habe für Götze die Chance, unter dem künftigen Bayern-Trainer Pep Guardiola zu reifen, die ausschlaggebende Rolle gespielt. Watzke reagierte in einer offiziellen Stellungnahme tief getroffen: "Wir sind natürlich über alle Maßen enttäuscht, betonen aber, dass sich sowohl Mario als auch sein Berater absolut vertragskonform verhalten haben." Die Bayern betonten in einer Mitteilung, aus Rücksicht auf das anstehende Halbfinale der Dortmunder habe man den Wechsel erst nach den Halbfinals gegenüber dem BVB anzeigen wollen.

War der Zeitpunkt, an dem die Nachricht durchsickerte, wirklich ein Zufall? Beim BVB und insbesondere dessen aufgebrachten Fans sorgte das Bekanntwerden vor der sportlichen Herkulesaufgabe gegen das Starensemble von José Mourinho für große Aufregung und Unruhe. Götze und Co. mussten das Abschlusstraining gestern unter verstärkter Polizeipräsenz absolvieren. Harald Strutz, Präsident des FSV Mainz 05, sprach aus, was viele dachten: "Überhaupt nicht nachvollziehen kann ich den Zeitpunkt. Aber das hat wohl auch etwas zu tun mit der Diskussion um Uli Hoeneß." Tatsächlich war der Zeitpunkt der Veröffentlichung alles andere als ungünstig für die Bayern: Die Nachricht von der Götze-Personalie verdrängte die Steueraffäre um Präsidenten Hoeneß erst einmal auf Platz zwei der Schlagzeilen. Für den spanischen Fußball-Rekordmeister Real Madrid soll das Halbfinale in der Champions League gegen Borussia Dortmund nur eine Durchgangsstation sein. Die Königlichen wollen endlich den zehnten Titel im Europapokal der Landesmeister beziehungsweise der Champions League.

Zum dritten Mal nehmen die deutschen Nationalspieler Mesut Özil und Sami Khedira mit Real Anlauf - und zum dritten Mal stehen sie im Halbfinale. Bisher scheiterten sie am FC Barcelona und an Bayern München. "Das Finale ein drittes Mal zu verpassen, wäre ziemlich blöd", sagt Özil: "Wenn man sich unseren Kader anschaut, haben wir ganz klar die Qualität, jeden Titel zu holen."

Der Trip nach Dortmund könnte indes eine der letzten Auslandsreisen von José Mourinho als Real-Trainer sein. Laut eines Berichts der spanischen Zeitung "El Pais" fordern 15 Profis die Ablösung. "Wir werden uns zusammensetzen und die Situation analysieren. Aber zunächst ist es wichtig, die Saison zum bestmöglichen Ende zu bringen", sagte Mourinho, der 2010 von Inter Mailand gekommen war und mehrfach durch Differenzen mit einigen Spielern - insbesondere Star-Towart Ilker Casillas, den er aussortiert hat - für Schlagzeilen gesorgt hatte.

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Hintergrund Die teuersten Transfers der Bundesliga: 1. Javier Martínez (Athletic Bilbao/Bayern München im Jahr 2012, 40 Millionen Euro Ablöse). 2. Mario Götze (Dortmund/Bayern München im Jahr 2013, 37 Mio.).3. Edin Dzeko (Wolfsburg/Manchester City, 2010, 37 Mio.).4. Mario Gomez (VfB Stuttgart/Bayern München, 2009, 30 Mio.).5. Diego (Werder Bremen/Juventus Turin, 2009, 27 Mio.).6. Franck Ribéry (Marseille/Bayern München, 2007, 25 Mio.).7. Marcio Amoroso (FC Parma/Borussia Dortmund, 2001, 25 Mio.).8. Owen Hargreaves (München/Manchester United, 2007, 25 Mio.).9. Arjen Robben (Real Madrid/München, 2009, 24 Mio.).10. Manuel Neuer (Schalke 04/Bayern München, 2011, 22 Mio.).dpa

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