Mit Saarland-Fahne auf Ehrenrunde

London. So manch ein Zuschauer im Londoner Olympia-Stadion wird sich am Samstagabend gewundert haben, welche Fahne die deutsche Läuferin, die gerade Bronze über 100 Meter gewonnen hatte, sich um die Schultern legte. Schwarz, Rot, Gold - das war klar. Doch Claudia Nicoleitzik aus Völklingen hüllte sich bei ihrer Ehrenrunde über die Tartanbahn in ein ganz besonderes Exemplar

London. So manch ein Zuschauer im Londoner Olympia-Stadion wird sich am Samstagabend gewundert haben, welche Fahne die deutsche Läuferin, die gerade Bronze über 100 Meter gewonnen hatte, sich um die Schultern legte. Schwarz, Rot, Gold - das war klar. Doch Claudia Nicoleitzik aus Völklingen hüllte sich bei ihrer Ehrenrunde über die Tartanbahn in ein ganz besonderes Exemplar. Eines mit Löwe, Kreuz und Adler - dem Saarland-Wappen. "Ich habe die Fahne aus dem Saarland nach London mitgebracht. Während der vergangenen Tage hing sie im Athleten-Dorf und ab und zu auf dem Aufwärmplatz", erzählte Nicoleitziks Trainerin Evi Raubuch. Und zum Ende der Paralympics drehte das Tischtuch große Stück Stoff aus der Heimat schließlich die Runde vor 80 000 im Stadion.

"Es war ein tolles Gefühl, wie die Zuschauer mir zugejubelt haben", sagte Nicoleitzik. Vor einem Meer britischer Union-Jack-Fahnen in blau-rot-weiß und den Blitzlichtern der Digitalkameras ließ sich die 22-Jährige mit Siegerin Elena Ivanova aus Russland und der zweitplatzierten Südkoreanerin Min Jae Jeon feiern. So ausgiebig, dass sie auf den letzten Metern von einem nervösen Wettkampfrichter aufgescheucht wurde. "Er hat gesagt, wir sollen ein bisschen schneller gehen, damit es endlich weitergehen kann", erzählte sie lachend.

Über die 100 Meter hatte sich die Völklingerin zuvor noch alles andere als Zeit gelassen. "Ich habe gewusst, heute kannst du es allen zeigen", sagte Nicoleitzik, die bereits über die doppelte Distanz Platz drei belegt hatte. Mit 14,88 Sekunden verpasste die durch die Nervenkrankheit Ataxie beeinträchtigte Leichtathletin ihre Bestzeit nur um drei Hundertstel-Sekunden. "Unser Physiotherapeut hat vorher noch gefragt, ob wir die saarländische Fahne überhaupt mit ins Stadion bekommen. Eigentlich sind ja nur die Fahnen der offiziellen Mitgliedsländer erlaubt", erzählte Nicoleitziks Vereinskollegin Maike Hausberger, die das Rennen von der Tribüne aus verfolgt hatte. Die 17-Jährige, die aus Trier stammt, aber in Saarbrücken trainiert, war nach Platz neun im Weitsprung am Samstagmorgen mit persönlicher Bestzeit von 1:10,45 Minuten über 400 Meter als Fünfte ins Ziel gekommen.

Eine grandiose Zeit habe sie bei ihren ersten Paralympischen Spielen in London gehabt, sagte Hausberger, die durch eine linksseitige Hemiparese (unvollständige Lähmung) eingeschränkt ist. Heute fliegen beide nach Deutschland zurück, die saarländische Fahne mit im Gepäck. Zu Hause in Völklingen-Wehrden wird sie Nicoleitzik immer an ihre ganz besondere Ehrenrunde von London erinnern.

Auf Einen Blick

Deutsche Sportler gewannen in London 66 Medaillen mit 18 Mal Gold, 26 Mal Silber und 22 Mal Bronze. Das bedeutet Platz acht im Medaillenspiegel. Vor vier Jahren hieß die Bilanz: 59 Mal Edelmetall (14 Gold) und Rang elf. "Ich habe bei den Erfolgen unserer Athleten mehr als ein Mal feuchte Augen gekriegt", sagte Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes. Die Abschlussparty im deutschen Haus ging bis Sonntagfrüh. dpa

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