Mit Rückenwind nach Südafrika

Frankfurt. Joachim Löw sitzt da im kurzärmeligen Polohemd, schwarz natürlich. Er rührte nachdenklich mit dem Löffel in einer Tasse Kaffee. Den letzten Satz seines bosnischen Trainer-Kollegen Safet Susic auf der Pressekonferenz hat der Bundestrainer noch im Ohr: "Deutschland ist der große Favorit und wird Gruppenerster

Frankfurt. Joachim Löw sitzt da im kurzärmeligen Polohemd, schwarz natürlich. Er rührte nachdenklich mit dem Löffel in einer Tasse Kaffee. Den letzten Satz seines bosnischen Trainer-Kollegen Safet Susic auf der Pressekonferenz hat der Bundestrainer noch im Ohr: "Deutschland ist der große Favorit und wird Gruppenerster." Mit einem "guten Gefühl" fahre er nach Südafrika, sagt Löw. Doch er weiß auch, dass gute Gefühle zwar schön sind, aber eben keine Garantie für ein gutes Abschneiden bei einer Weltmeisterschaft. Immerhin: Voller Selbstvertrauen kann die jüngste deutsche Nationalmannschaft bei einer Weltmeisterschaft seit der Premiere 1934 (Durchschnittsalter des Kaders: 24,96 Jahre) das Auftaktspiel am 13. Juni in Durban gegen Australien angehen. Wie sie nach dem 0:1 gegen Bosnien-Herzegowina mit einem Sturmlauf das Spiel in der zweiten Halbzeit noch zu einem 3:1-Sieg drehte, das war schon beeindruckend.Sommermärchen-Stimmung Noch nie hatte ein WM-Vorbereitungsspiel der deutschen Mannschaft derartigen Härte-Charakter. Die Sommermärchen-Stimmung im Frankfurter Stadion am vergangenen Donnerstagabend, die lärmende bosnische Anhängerschar von 15 000 Menschen, der Ehrgeiz der Bundesliga-Profis Edin Dzeko, Zvjezdan Misimovic, Vedad Ibisevic und Sejad Salihovic, die Deutschen zu ärgern. Der Wille und die Entschlossenheit der Löw-Mannschaft, nach drei Wochen Trainingsarbeit zu demonstrieren, was sie drauf hat. Das alles machte das Spiel zu einer wahren Abschieds-Party für die deutsche Elf, die an diesem Sonntag nach Südafrika fliegt. Die Erkenntnisse nicht nur des Bundestrainers: Die Elf der zweiten Halbzeit drängt sich anders als die Anfangsformation für den WM-Auftakt auf. Thomas Müller und Cacau, welche die schwachen Piotr Trochowski und Miroslav Klose ablösten, "sorgten für viel Wind", sagte Löw: "Sie waren sofort präsent, hatten viele gute Aktionen." Dennoch tut er sich, wie er zugab, "schwer, schon von einer Stammformation zu reden." Doch die Mannschaft der zweiten Halbzeit ist die aggressivste, spielerisch beste, kombinationssicherste und im hohen Tempo effektivste, die es seit langem gab. Der linke Verteidiger-Posten des jungen Holger Badstuber nach dessen zweitem Länderspiel dürfte die einzige offene Stelle sein. Neu-Kapitän Philipp Lahm ist rechts - siehe sein Traum-Tor zum 1:1 - genau so stark wie links. Warum also wechseln? Die Innenverteidigung mit Per Mertesacker und Arne Friedrich gibt keinen Anlass, sie auseinander zu reißen. Zumal sich Friedrich (31), sehr zum Wohlgefallen Löws, als "erfahrener Spieler exponiert hat. Er redet viel, gibt Anweisungen, er ist laut, vor allem im Training", lobt Löw. Ein Wortführer in der jungen Mannschaft. Auch beim zweiten Paar wächst zusammen, was zusammen gehört: Bastian Schweinsteiger, der die ihm zugedachte Führungsrolle bärenstark ausfüllte und zwei Elfmeter eiskalt verwandelte, und Sami Khedira in der torgefährlichen Michael-Ballack-Rolle im Zentrum des Spiels. Mit Cacau und Müller kam auch Mesut Özil viel besser ins Spiel als vorher mit Trochowski und Klose. Özil fühlte sich in der Umgebung des dynamischen Müller, des trickreichen Cacau und des schnellen Lukas Podolski sichtlich wohler. Cacau erhöhte zudem den Druck auf Klose. "Jetzt möchte ich spielen", sagte er, während Klose hart an sich arbeiten will: "Ich werde nicht zwei Tage freimachen, sondern jeden Tag trainieren. Ich nehme mir vor, bei der WM Tore zu schießen." ´ Wille und BelastbarkeitFazit: Löw hat die "aktive Betriebsamkeit der zweiten Halbzeit" gefallen. Der enorme Wille und die hohe Belastbarkeit, die die jungen Spieler körperlich verkraften, seien die Stärke der Mannschaft, der er zwei Ruhetage bis zur Abreise mit dem Super-Airbus A 380 an diesem Sonntag verordnet hat. "Sie waren sofort präsent, hatten viele gute Aktionen."Bundestrainer Joachim Löw über die Einwechselspieler Thomas Müller und Cacau

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